Die Politisierung, der die Koalition bei den öffentlichen Anklägern vorbeugen will, wird am Höchstgericht tendenziell vorangetrieben.
Nach jahrzehntelangen Diskussionen geht es plötzlich Schlag auf Schlag: Die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sollen eine neue, vom politisch besetzten Justizministerium losgelöste Weisungsspitze bekommen, Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) sollen abweichende Meinungen zu Mehrheitsentscheidungen veröffentlichen können. Der koalitionäre Entschluss dazu ist binnen weniger Tage gereift, obwohl die ÖVP beide Ideen bisher immer abgelehnt hatte.
Die eigene Meinung zu ändern muss kein Fehler sein, am allerwenigsten dann, wenn die neu gebildete vernünftiger ist. Einen Generalstaatsanwalt einzusetzen hat in der Tat viel für sich: Auch wenn recht offenkundig der Ärger der ÖVP über die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft den tagespolitischen Anlass für den Sinneswandel gab, ist das Durchtrennen der Weisungskette vom Spitzenpolitiker zum Staatsanwalt ein gutes Signal: Politik darf bei der Strafverfolgung keine Rolle spielen darf. Was zählt, ist das Recht.
Allerdings könnte die Staatsanwaltschaft ihrerseits Politik machen, indem sie Personen unsachlich verfolgt oder verschont. Paradoxerweise ist das Verschonen schlimmer, weil dann kein Richter am Ende entscheidet, sondern gar niemand; aber auch die willkürliche Verfolgung ist brandgefährlich und kann schon lang vor einem Urteil Existenzen ruinieren.