Selbst ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie spielen sich viele Entwicklungen im Verborgenen ab. Auch bekannt als Eigendynamik.
Berichte über Ereignisse, die nicht passiert sind, seien für ihn immer relevant, sagte einst der frühere US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. „Denn wie wir wissen, gibt es Dinge, die wir wissen. Wir wissen auch, dass es Unbekanntes gibt, von dem wir wissen, dass es unbekannt ist. Wir wissen also, es gibt Dinge, die wir nicht wissen. Aber es gibt auch Dinge, von denen wir nicht wissen, dass wir sie nicht wissen.“ Ein legendärer Satz, der in einem ganz anderen Kontext während des Irakkriegs fiel, der aber auch das Dilemma von Aussagen über die Entwicklung der Pandemie sehr schön beschreibt.
Nicht alle Gesundheitsexperten wollen es sich eingestehen, aber ganz offensichtlich gibt es Faktoren, deren Einfluss auf das Infektionsgeschehen weitgehend unbekannt ist – ein Phänomen, das euphemistisch als Eigendynamik bezeichnet wird und für so manche Fehleinschätzung verantwortlich war – etwa jene von Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin. Im Frühjahr 2020 warnte er vor dramatisch hohen Infektionszahlen in Afrika. Zwischen Juni und August werde es zu Szenen kommen, die nur aus Kinofilmen bekannt seien „und die wir uns so heute nicht vorstellen können“. Glücklicherweise blieben diese Szenen aus, was später hauptsächlich mit der jüngeren Bevölkerung Afrikas erklärt wurde.