Affäre

Hygiene Austria drohen Klagen zu "Made in Austria"-Masken

APA/HANS KLAUS TECHT
  • Drucken

Konsumentenschützer erwägen eine Unerlassungsklage zu Herkunftsangabe. Auch das Land Niederösterreich prüft rechtliche Schritte, dort wurden Millionen Masken der Firma angekauft.

Dem Lenzing und Palmers gehörenden umstrittenen Schutzmasken-Hersteller Hygiene Austria, der auch Masken aus China als österreichische verkauft hat, drohen wegen seiner "Made in Austria"-Behauptungen etliche Klagen. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) erwägt, gerichtlich feststellen zu lassen, ob diese Herkunftsangaben zulässig waren. Auch seitens Niederösterreich droht eine Klage, dort wurden Millionen Masken der Firma angekauft.

VKI-Chefjurist Thomas Hirmke sagte am Mittwoch im ORF-Radio, eine Klage würde auf Unterlassung derartiger Werbung in der Zukunft gerichtet sein, und das Gericht müsse dann sagen, ob die Herkunftsangaben zulässig waren oder nicht. Derzeit gehe man davon aus, dass Konsumenten getäuscht worden seien. Jedoch gebe es hier, anders als etwa für Lebensmittel, keine klaren rechtlichen Vorgaben, sondern lediglich eine Judikatur, etwa im Zusammenhang mit irreführender Werbung. Darauf verwies jetzt auch der Chef von Hygiene Austria, Tino Wieser, in einem Interview: "Made in Austria ist nicht klar geregelt. Hätte ich gewusst, was dabei rauskommt, hätte ich es mir gespart."

Nach Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft auf Verdacht der organisierten Schwarzarbeit sowie schweren gewerbsmäßigen Betrugs hatte Hygiene Austria eingeräumt, einen Teil seiner Masken, um den "zwischenzeitlichen Nachfrageanstieg zu bewältigen", in China zugekauft zu haben. Die Vorwürfe Schwarzarbeit und Betrug wies man aber zurück. Die chinesischen Masken sollen von einer Schweizer und einer ungarischen Firma EU-zertifiziert, bei Hygiene Austria umetikettiert und mit dem Vermerk "Made in Austria" verkauft worden sein. Dass die China-Masken-Fertigung nach österreichischem Baumuster erfolgt ist, wie sich Hygiene Austria rechtfertigte, lässt Hirmke nicht als Entlastung gelten: Es komme darauf an, in welchem Land der wesentliche Produktionsschritt erfolgt sei.

Das Land Niederösterreich, die Landesgesundheitsagentur (LGA) und die Nö. Wirtschaftskammer (WKNÖ) sollen rund fünf Millionen FFP2-Masken von Hygiene Austria bezogen haben, schreiben die "Niederösterreichischen Nachrichten" (NÖN). Laut "Kurier" (Mittwoch) behält sich neben dem Land NÖ auch die LGA rechtliche Schritte vor - ebenso wie diverse Supermarktketten wie Rewe, Hofer, oder Spar, die die Masken vertrieben haben. Nach Angaben von Wieser hat die Hygiene Austria "selbst über 100 Millionen Masken produziert", wie er zum "Standard" (Mittwoch) sagte. Wie viele Masken die öffentliche Hand bei ihm gekauft habe? Den Umsatzanteil der direkt über die Bundesbeschaffung GmbH (BBG) bestellten Masken bezifferte Wieser mit "ein Prozent" und fügte hinzu: "NÖ orderte vier bis fünf Millionen, alle Bundesministerien gemeinsam 150.000 Masken."

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Tino Wieser ist Geschäftsführer von Hygiene Austria.
Bilanz

Hygiene Austria erzielte 5,7 Millionen Euro Gewinn

Der niederösterreichische Maskenhersteller Hygiene Austria, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Betrugs und der Schwarzarbeit ermittelt, hat im abgeschlossenen Geschäftsjahr sehr gut verdient.
CORONA: HYGIENE AUSTRIA / FFP2-MASKE
Affäre

AK sieht bei Hygiene Austria Lohndumping

Von 200 Beschäftigten sollen nur elf fix angestellt gewesen sein. Lohnabrechnungen zeigen Auszahlungen unter dem Kollektivvertrag.
Einmal keine Masken im Bild. Lenzing-Chef Stefan Doboczky zeigt, womit sich sein Konzern eigentlich beschäftigt.
Bilanz

Corona beschert Lenzing einen satten Verlust

Der heimische Faserhersteller, der zuletzt wegen des Skandals rund um Hygiene Austria in die Schlagzeilen geriet, rutschte im Vorjahr in die roten Zahlen. Der Umsatz brach um 22 Prozent ein.
CORONA: HYGIENE AUSTRIA / FFP2-MASKE
Schutzmasken-Skandal

Hygiene Austria: Lenzing-Aufsichtratschef als Troubleshooter

Der Aufsichtsratchef des Faserherstellers Lenzing, Peter Edelmann, will einen Imageschaden abwehren: Man habe die Maskenfirma Hygiene Austria mitgegründet, nicht um Geld zu verdienen, sondern um einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Bevölkerung zu leisten, betont er.
Hygiene Austria

Warum Hygiene Austria so oft bevorzugt wurde

Die öffentliche Hand kaufte gern beim Maskenhersteller, der jetzt ins Visier der Ermittler geraten ist. Warum wurde Hygiene Austria so oft bevorzugt?

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.