Michael Landau nennt das Bild, das die Chatprotokolle von Kanzler Kurz und Öbag-Chef Schmid zeichnen, „irritierend“ - sowohl, was den Umgang mit der Kirche, als auch die Postenfrage betrifft.
„Wenn ich mir diesen SMS-Wechsel ansehe, dann geht es mir wie wahrscheinlich vielen anderen Menschen in diesem Land: Ich war irritiert“, sagt Caritas-Präsident Michael Landau am Freitag im Wirtschaftsmagazin „Saldo“ des ORF-Radios Ö1. Er meint damit die Konversation zwischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, dem nunmehrigen Finanzminister und früheren Regierungskoordinator Gernot Blümel sowie Thomas Schmid, Alleinvorstand der Staatsholding Öbag.
„Dass wir in Zeiten einer dramatisch hohen Arbeitslosigkeit nun tatsächlich darüber diskutieren müssen, wie einige wenige zu höchsten Ämtern in unserer Republik gekommen sind, während Hunderttausende Menschen arbeitslos und verzweifelt sind, das ist schon ein Stück weit auch fatal“, kritisiert Landau, „weil es ganz dringend auch um das Vertrauen in den Staat geht“.
Überdies werde in den Nachrichten auch die Kirche massiv unter Druck gesetzt. So geht aus einem Aktenvermerk hervor, dass es ein Treffen zwischen Schmid, damals noch Generalsekretär im Finanzministerium, und dem Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, gegeben habe, bei dem es um die Abschaffung von Steuerprivilegien für die Religionsgemeinschaften ging. „Ja super. Bitte Vollgas geben“, schrieb Kurz im Vorfeld daran an Schmid. Im Rahmen eines „Steuerprivilegien-Checks“ sollte überdies „die Kirche massiv hinterfragt“ werden, wie Schmid im Vorfeld des Termins im März 2019 schrieb.
Nach der Unterredung teilte Schmid Kurz mit: „Also Schipka war fertig!“ Und weiter: „Er war zunächst rot dann blass dann zittrig.“
Caritas weder „rot, schwarz, türkis oder pink“
Die Caritas sei weder „rot, schwarz, türkis oder pink“, betont nun Landau. Fest stehe: „Wir sind eine Hilfsorganisation - unser Auftrag ist unter jeder Bundesregierung der gleiche: Not sehen und handeln.“ Er sei der Ansicht, dass Schipka, „gesagt hat, was zu sagen war, nämlich dass er sich an keine vergleichbaren Termine davor und danach erinnern kann“. Seines Wissens nach, so Landau, habe sich der Kanzler auch bereits persönlich bei Schipka entschuldigt. Er „fände es eine Frage des guten Stils“ eine solche Entschuldigung auch öffentlich den Wählern gegenüber zu machen.
Die Opposition hält indes - wie mittlerweile auch der Koalitionspartner, die Grünen - einen Rücktritt Schmids als angemessen bzw. notwendig. Aufsichtsratschef der Öbag, Helmut Kern, hingegen kalmiert gegenüber der „Presse“. „Ex post besehen war das kein elegantes Ding“, räumt Kern ein. Aber: Juristisch sei die Bestellung korrekt abgelaufen, der Aufsichtsrat sei aus erfolgreichen Unternehmern und Experten zusammengesetzt worden und: „Schmid macht einen hervorragenden Job.“
Auf einen Blick
Thomas Schmid war viele Jahre im Finanzministerium tätig, zuerst als Kabinettschef, dann als Generalsekretär. Als solcher bekam er 2017 den Auftrag, die Staatsholding Öbib von einer GesmbH in eine Aktiengesellschaft zu verwandeln – und Posten mit der FPÖ zu verhandeln. Er verantwortete die Erstellung des dafür nötigen Gesetzes, arbeitete an der Ausschreibung für den Vorstand mit, suchte den Aufsichtsrat aus, der diesen Vorstand wählte – der letztlich er selbst wurde. Viele Schritte auf dem Weg dorthin (das legen nun publik gewordene Chatprotokolle nahe, die der „Presse“ vorliegen), sollen mit dem damaligen Kanzleramtsminister und heutigen Finanzminister Gernot Blümel sowie mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP) abgesprochen worden sein. Die Betroffenen hüllten sich bis dato zu den Vorwürfen in Schweigen, respektive spielten ihre Rolle klein.
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„Wir brauchen einen gesellschaftlichen Mindestanstand“ lautet der Titel des Interviews, das Esther Mitterstieler für „Saldo – das Wirtschaftsmagazin“ des ORF-Radiosenders Ö1 mit Caritas-Präsident Michael Landau geführt hat.