Die Abrechnung seines umstrittenenEx-Beraters Cummings lässt tief in das Machtsystem von Premierminister Johnson blicken. Gefährden wird sie diesen aber nicht.
Boris Johnson führt keine Regierung, sondern einen Hofstaat. Seit er im Juli 2019 die Macht übernahm, ließ er das Parlament schließen, erklärte er der Verwaltung den Krieg und setzt sich über Abkommen wie das Nordirland-Protokoll hinweg, die er selbst unterschrieben hatte. Er sei „ungeeignet für den Posten des Premierministers“, lautet nun das vernichtende Urteil seines ehemals engsten Mitarbeiters, Dominic Cummings. Selbst die vielen Gegner des umstrittenen Ex-Beraters von Johnson äußerten am Wahrheitsgehalt seiner Aussagen kaum Zweifel.
Die siebenstündige Abrechnung des einstigen Brexit-Masterminds Cummings (49) im Parlament lieferte eine Innenansicht der Macht. Er enthüllte nicht wirklich Neues, aber präsentierte ein schillerndes Bild der Zustände an Johnsons Hof. Der Premier „schlingert wie ein herrenloser Einkaufswagen durch den Supermarkt“, folge stets seinem letzten Einflüsterer und „ändert seine Meinung zehn Mal am Tag und ruft dann in den Zeitungen an und widerspricht Tag für Tag seiner eigenen Politik“.