Einspruch

Jetzt merken auch die Franzosen, wie mies Hitler schrieb

BuchCover - Mein Kampf von Adolf Hitler.
BuchCover - Mein Kampf von Adolf Hitler. (c) imago images/Arnulf Hettrich (Arnulf Hettrich via www.imago-images.de)
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Ein Jahrzehnt stritt man in Frankreich um die kritische Edition von „Mein Kampf“, nun ist sie da – und heißt ganz anders.

Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Verlag ein weltweit bekanntes Buch von einem weltweit bekannten Autor unter einem anderen Titel herausbringt – und auf dem Cover nicht einmal den Namen des Autors nennt. Dass er dann auch noch einen Titel wählt, der für ein Durchschnittspublikum „zum Davonlaufen“ ist. Immerhin gehört das Werk zu den bekanntesten der letzten hundert Jahre. Will der Verlag nicht, dass das Buch gelesen wird?

Doch, aber nicht von allen. Zur (leidlichen) Tarnung, vor allem aber als publizistisches Signal hat der französische Verlag Éditions Fayard seine kritische Neu-Edition von Hitlers „Mein Kampf“ mit dem Titel „Historiciser le mal“ („Das Böse historisieren“) versehen. Nur aus dem Untertitel geht hervor, worum es geht: „une édition critique de Mein Kampf“.
Angesichts von 2800 Fußnoten auf 1000 Seiten ist freilich die Wahrscheinlichkeit, dass Hitler-Fans an dem Buch ihre Freude haben könnten, ohnehin begrenzt. Es ist die Übersetzung und Adaptierung einer langwierigen deutschen Forschungsarbeit, die das in München und Berlin angesiedelte Institut für Zeitgeschichte (IfZ) organisiert hat.

2016 erschien auf Deutsch in zwei Bänden (zu je fast 1000 Seiten) „Hitler, Mein Kampf. Eine kritische Edition.“ Davor war ein solches Projekt nicht möglich gewesen, die Rechte lagen beim Freistaat Bayern, der keine Nachdrucke zuließ. Seit 1. Jänner 2016 aber ist „Mein Kampf“ gemeinfrei.
Wirklich ernsthaft umstritten war dieses wissenschaftliche Projekt in Deutschland nicht. Anders in Frankreich: Seit die Éditions Fayard vor einem Jahrzehnt ihren Plan einer französischen Version bekannt gegeben haben, sind die Proteste immer wieder hochgekocht. Historiker, Schriftsteller protestierten, auch Politiker wie der ehemalige linke Präsidentschaftskandidat Jean-Luc Mélenchon.

Das fertige Buch wird wohl einige Kritiker besänftigen. Denn vor- und umsichtiger als hier kann ein Verlag, können Herausgeber kaum zu Werke gehen. Die Einnahmen aus dem Buch – in Deutschland wurde es zu einem Verkaufserfolg – gehen an die Stiftung Auschwitz-Birkenau, die sich um die Erhaltung der dortigen Gedenkstätte bemüht. Der Preis ist mit 100 Euro bewusst hoch angesetzt. Im Handel wird das Buch nicht aufgelegt, es ist nur auf Bestellung erhältlich. Und auch die Präsentation hat man möglichst unauffällig absolviert.

Und endlich ist dank Olivier Mannoni nun auch eine französische Übersetzung da, die nicht Hitlers erbärmlichen Stil beschönigt wie jene aus dem Jahr 1934, die im Umkreis der nationalistischen Action Française entstand. 1938 erschien sie auch noch in einer von antifranzösischen Passagen gereinigten Version.

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