Der Kanzleramtstraum ist für die deutschen Grünen geplatzt. Austauschen werden sie ihre Pannenkandidatin aber kaum. Ihnen ist auch mit Annalena Baerbock eine Regierungsbeteiligung fast sicher.
Hochmut war schon von Beginn an ein treuer Begleiter der Kanzlerkandidatur von Annalena Baerbock. Wenn man die deutschen Grünen auf die mangelnde Regierungserfahrung ihrer Bewerberin ansprach, griffen sie ungeniert zum ganz großen Vergleich: Auch Barack Obama habe nie einen Bundesstaat oder ein Ministerium geführt, bevor ihn die Amerikaner zum Präsidenten wählten. Am Ende dürfte der anfängliche Hype um Baerbock die einzige Parallele zwischen den beiden bleiben. Eine grüne Kanzlerin ist nach den vergangenen zwei Pannenmonaten kaum mehr vorstellbar.
Das Leben in Deutschlands politischem Treibhaus kann grausam sein. Erst schrieben Medien Baerbock euphorisch hoch, dann begannen sie, das Unkraut in der Biografie der grünen Spitzenkandidatin zu jäten. Die Redaktionen legten dabei unerbittlich jedes Detail unters Mikroskop. Es kam Unvorteilhaftes zutage: Baerbock peppte ihren Lebenslauf auf, vergaß, eine Bonuszahlung beim Bundestag zu melden, kupferte bei ihrem eilig zusammengeschusterten Buch „Jetzt“ ab, und sie bezog Fördergelder im Umfang von 40.000 Euro für eine Dissertation, die sie nie abschloss.
Das sind keine groben Verfehlungen, doch die lässlichen Lappalien summieren sich zu einem Gesamteindruck, der hängen bleibt: Baerbock macht sich größer, als sie ist, schmückt sich mit fremden Federn und bringt nicht zu Ende, was sie anfängt.