Olympia

Pedaltritte am Fuße des Fuji

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Straßenradrennen. Patrick Konrad kommt nach dem Etappensieg in Frankreich im mentalen Hoch zum Olympia-Debüt. Der bergige Kurs ist nach seinem Geschmack.

Tokio/Wien. Die mit Abstand malerischste Kulisse für einen Olympiabewerb dieser Spiele hält am Samstag (4 Uhr MESZ, live ORF1) das Straßenradrennen der Männer bereit. Gefahren wird nach dem Start im westlichen Vorort Chōfu am Fuße des Fuji bevor es ins Ziel auf der Motorsportstrecke Fuji Speedway geht. Der berühmte wie mythische Berg mit seiner schneebedeckten Spitze ist längst zu einem Sinnbild Japans geworden. 3776 Meter ist der höchste Gipfel des Landes hoch und für viele Japaner nicht nur ein beliebter Freizeitort zum Wandern oder Campen, sondern auch eine spirituelle Quelle – die Fuji-ko-Sekte nahm einst hier ihren Ausgang. Nur, wie viel Muße werden Patrick Konrad, Gregor Mühlberger, Hermann Pernsteiner und die übrigen 127 Teilnehmer aus 36 Nationen haben, um diese Naturschönheit zu bewundern?

Mit einer Länge von 234 Kilometern und stolzen 4865 Höhenmetern fällt dieses Olympiarennen unter die anspruchsvollen, und das gerade einmal fünf Tage nach dem Ende der Tour de France. Auch Konrad reiste gleich am Montag über Wien nach Japan an, sein Rad hätte es beinahe nicht mit geschafft. Mit im Gepäck hat der 29-Jährige das Selbstvertrauen des ersten österreichischen Etappensieges bei der Tour seit 16 Jahren: In den Pyrenäen krönte er sich mit einem erfolgreichen Ausreißerversuch zum ersten rot-weiß-roten Tagessieger seit Georg Totschnig (2005) und Max Bulla (1931).

Wie willig ist der Körper?

Mental ist Österreichs amtierender Staatsmeister also im Hoch, doch die Strapazen der vergangenen Tage machen ihm ebenso wie die klimatischen Bedingungen in Japan zu schaffen. Der Wahl-Eisenstädter ist dennoch zuversichtlich. „Der Kurs ist gut für mich, er liegt mir. Ich bin voll motiviert.“ Die Mühen nimmt er für seinen ersten Start unter den fünf Ringen gern in Kauf. „Man hat nur ein-, zweimal die Chance, dass man bei Olympia fährt. Deshalb bin ich sehr froh, dass das geklappt hat.“ 2016 in Rio sei er unverständlicherweise nicht zum Zug gekommen, wie der Bora-Profi meint: „Ich weiß bis heute nicht, warum ich nicht mitgenommen worden bin.“ Damals hatten Georg Preidler und Stefan Denifl vom Verband den Vorzug erhalten, beide flogen später im Zuge der Aderlass-Affäre als Dopingsünder auf.

Im Gegensatz zu Konrad sind Pernsteiner und Mühlberger, die ebenfalls ihr Olympia-Debüt geben, nach längeren Rennpausen frisch. Mühlberger laborierte im Frühling an einer Gehirnhautentzündung. „Ich habe mich zur Gänze erholt davon. Ich habe weniger Renn-, aber gute Trainingskilometer“, so der 27-Jährige. Er ist heuer zum spanischen Movistar-Team gewechselt und wird später noch die Vuelta bestreiten. Am Samstag aber ist Altstar Alejandro Valverde, 2018 Weltmeister in Innsbruck, kein Kollege, sondern Rivale. „Das ist meine Chance im Jahr, dass ich gegen sie fahre, und ihnen einen Hund reinhaue“, scherzt Mühlberger.

Wo sich die Spreu aussiebt

Auch wenn der Fuji im Blickpunkt steht, dürfte der deutlich steilere Mikunipass gut 30 Kilometer vor dem Ziel zur Schlüsselstelle werden. „Das ist eine Wand. Da wird sich die Spreu vom Weizen trennen“, weiß Thomas Rohregger, der im Auftrag der UCI und des IOC die Strecke mitgeplant hat. Der Ex-Profi rechnet damit, dass dort eine kleine Gruppe um den Sieg sprinten wird – im Idealfall mit Konrad. „Er ist schnell und hat jetzt auch gutes Selbstvertrauen“, sagt der Tiroler. Die Topnationen wie Belgien oder Italien können angesichts von fünf Fahrern besser taktieren, aber auch Slowenien ist mit Tour-Sieger Tadej Pogačar (SLO) und Primož Roglič heißer Gold-Tipp.

Das Rennen der Frauen mit Anna Kiesenhofer folgt am Sonntag (6 MESZ). Der Anblick auf den Fuji wird ihnen nicht zuteil. (swi)

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