Der ehemalige Grünen-Chef hat sich mittels Vorzugsstimmen vom 29. auf den 1. Platz der Landesliste vorgeschoben. Ob er in den Gemeinderat übersiedelt, ist aber noch nicht fix.
Der einstige grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen hat mit seinem Vorzugsstimmenwahlkampf Erfolg gehabt: Mit Hilfe der letzten Wahlkarten, die am Montag ausgezählt wurden, schaffte er die Vorreihung von Platz 29 auf Platz 1 der Landesliste.
Van der Bellen holte insgesamt 11.952 Vorzugsstimmen. Lediglich SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl gelang es, knapp mehr Vorzugsstimmen auf sich zu vereinen (12.030).
"Go, Professor, Go" - So lautete ein T-Shirt-Slogan von Fans des Grünen Alexander Van der Bellen im Wiener Wahlkampf 2010. Der Ex-Bundessprecher schob sich mittels Vorzugsstimmen vom unwählbaren 29. auf Platz 1 der Landesliste vorgeschoben. Dennoch zog er zunächst nicht in den Gemeinderat ein, sondern blieb im Nationalrat. Das brachte ihm den Vorwurf der Wählertäuschung ein. Nun, mehr als eineinhalb Jahre nach der Wahl, wechselt Van der Bellen doch ins Stadtparlament. (c) Reuters (Bader)
Seinen Posten als Sonderbeauftragter der Stadt für Universitäts-und Wissenschaftsangelegenheiten, den er nach der Wien-Wahl antrat, will Van der Bellen zumindest interimistisch behalten. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
Der Wirtschaftsprofessor gilt als untypischer Politiker und ist bekannt für seine - je nach Lesart - "bedächtige" oder "einschläfernde" Art. Diese Art dürfte jedenfalls mit ein Grund für die seit Jahren konstant hohen Sympathiewerte des Kettenrauchers in der Bevölkerung sein. (c) APA (ROBERT JAEGER)
Am 18. Jänner 1944 in Wien als Sohn einer estnischen Mutter und eines russischen Vaters mit holländischen Wurzeln geboren, wuchs Van der Bellen im Tiroler Kaunertal auf, wo er heute noch seine Ferien verbringt. (c) AP (Ronald Zak)
Er studierte Volkswirtschaft in Innsbruck. 1980 wurde er ordentlicher Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Wien. (c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
Seine politische Karriere startete Van der Bellen recht spät. Entdeckt wurde der Volkswirtschaftsprofessor vom grünen Urgestein Peter Pilz. 1992 kandidierte er für die Grünen für das Amt des Rechnungshofpräsidenten, 1994 wurde er Nationalratsabgeordneter. (c) AP (Hans Punz)
Sein Amt als Parteichef trat er 1997 mit dem Ziel an, "die Partei endlich einmal von dieser existenzbedrohenden Vier-, Fünf-Prozent Marke wegzubekommen". Das schaffte er: Der Professor verpasste den Grünen einen bürgerlichen Anstrich verpasst, durch den es die Partei schaffte, mehr als eine Splittergruppe zu sein. (c) APA (HERBERT PFARRHOFER)
Die Grünen erreichten unter Van der Bellen viel: Etwa Platz drei bei der Nationalratswahl 2006 samt Spitzenjobs in Volksanwaltschaft und Nationalratspräsidium. Große Hürden wie das nicht gerade minderheitsfreundliche Landeswahlrecht in Kärnten wurden übersprungen. Im Bild: Eva Glawischnig, Peter Pilz, Alexander Van der Bellen, Freda Meissner-Blau (c) Die Presse (Bruckberger)
Als fünf Mal wieder gewählter Bundessprecher innerhalb der früher oft intern zerstrittenen Grünen war Van der Bellen Rekordhalter. Nach dem enttäuschenden Ergebnis bei der Nationalratswahl im September 2008 war seine Zeit allerdings gekommen: Er räumte den Chef-Sessel für Eva Glawischnig. (c) AP (Ronald Zak)
Ein großes Ziel blieb Alexander Van der Bellen verwehrt: Die Grünen in die Bundesregierung zu führen. (c) AP (Ronald Zak)
Der grüne Professor zieht ins Stadtparlament ein
Gemeinderats-Einzug nur bei Rot-Grün fix
Ob Van der Bellen sein Mandat im Gemeinderat auch annimmt und sein bisheriges im Nationalrat aufgibt, ist allerdings noch nicht fix: "Wenn es Rot-Grün gibt, dann übersiedele ich auf jeden Fall - unabhängig von meiner Position in dieser Regierung", sagte er am Montagabend.
Also auch ohne Stadtratsposten würde der einstige Bundessprecher zum Wiener Gemeinderat werden, um die neue Regierung zu unterstützen: "Dann möchte auf jeden Fall meinen Beitrag leisten, dass das ein Erfolg wird."
Anders sieht die Lage aus, wenn es keine Koalition zwischen Sozialdemokratie und Ökopartei geben sollte. "Wenn es nichts wird, dann werde ich mich mit Eva Glawischnig und Maria Vassilakou nochmals besprechen", so Van der Bellen abwartend. Es hinge in diesem Falle viel von der Situation in Wien und im Bund ab. Klar sei aber: "Auch dann ist es zu überlegen."
Er befinde sich in einem gewissen Zwiespalt, sollte es mit Rot-Grün nichts werden, sagte Van der Bellen: "Natürlich bin ich meinen Wählern in Wort." Andererseits habe er im Wahlkampf stets klar für eine rot-grüne Regierung getrommelt: "Es hat jeder gewusst, wofür ich werbe." In jedem Falle freue er sich nun zunächst über das erreichte Ergebnis von rund 12.000 Vorzugsstimmen, mit denen Van der Bellen den Sprung vom unwählbaren Platz 29 auf Platz 1 der Landesliste schaffte - ein Kunststück, das in dieser Form bis dato noch keinem Kandidat gelang: "Es hat niemand erwartet - wir haben es gehofft, aber nicht erwartet."