Fachkräftemangel

Modell mit verkürzter Lehre startet im Burgenland

Projekt beginnt mit einer Clearingwoche, in der die Menschen begeistert werden sollen, in den Arbeitsprozess einzusteigen. Beim Matching Day treffen dann die Teilnehmer mit potenziellen Arbeitgebern zusammen.

Um den hohen Bedarf an Facharbeitern zu decken, startet im Burgenland ein neues Modell - zunächst für die besonders betroffenen Branchen Tourismus, Bau und Baunebengewerbe, kündigte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) gemeinsam mit AMS, Wirtschaftskammer und IV am Mittwoch an. Nach einer viermonatigen Ausbildung steigen die Teilnehmer als qualifizierte Praktiker ins Unternehmen ein und haben dort dann die Möglichkeit, eine verkürzte Lehrausbildung zu absolvieren.

Im Burgenland sei jahrelang die Steigerung der Maturantenquote im Vordergrund gestanden - dies sei auch grundsätzlich richtig, erklärte der Landeshauptmann. Gesellschaftspolitisch wichtig sei aber auch das Erlernen von Handwerksberufen: "Wir brauchen jeden einzelnen Elektriker, Koch, Kellner, Touristiker." Gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice, der Wirtschaftskammer Burgenland und der Industriellenvereinigung starte daher ein österreichweit einzigartiges Projekt, um Arbeitskräfte in die Betriebe zu bekommen.

Die Kurse werden seitens des Landes aus dem Additionalitätsprogramm finanziert. Pro Kurs sind dies 200.000 Euro. Gestartet wird zunächst mit vier Kursen, zwei im Landesnorden und zwei im Süden, in den beiden Branchen Tourismus und Bau/Baunebengewerbe. Das Programm sei sehr komprimiert und wird von Beginn an von den Firmen begleitet. Das Modell sei flexibel und könne bei Bedarf auch in anderen Branchen angewendet werden, so Doskozil: "Wir können nicht nur vom Fachkräftemangel reden. Wir müssen die Rahmenbedingungen soweit möglich auch gestalten."

Laut dem stellvertretenden WK-Direktor Harald Schermann sind die Zahlen mit Verweis auf das Fachkräfteradar der WK "dramatisch". 65 Prozent der Betriebe geben an, dass es einen massiven Arbeitskräftemangel gibt, 86 Prozent müssen die Lücken durch Angehörige füllen und zwei Drittel der Befragten mussten Aufträge ablehnen oder stornieren, weil sie keine Ressourcen haben. "Das Modell ist maßgeschneidert für die am stärksten betroffenen Branchen. Die Betriebe suchen 'willige Hände'."

14 Monate Lehrzeit

Das Projekt startet dabei mit einer Clearingwoche, in der die Menschen begeistert werden sollen, in den Arbeitsprozess einzusteigen. Beim Matching Day treffen dann die Teilnehmer mit potenziellen Arbeitgebern zusammen. Die vier Monate dauernde Ausbildung endet mit dem Abschluss eines Qualifizierten Praktikers: "Der Teilnehmer kann sofort ins Unternehmen einsteigen", so Schermann. Das Modell sei auch keine Sackgasse, denn es biete sich die Möglichkeit zu einer auf 14 Monate verkürzte Lehrzeit.

IV-Präsident Manfred Gerger sieht in dem Modell eine Möglichkeit, Arbeitslose zur Qualifikation zu motivieren: "Arbeitslosengeld zu kürzen ist keine Motivation." Er kündigte weiters an, dass die IV demnächst gemeinsam mit den Schulen Berufsorientierung starten werde, um über die Möglichkeiten und Qualifikationen zu informieren. Es gelte vor allem auch die Eltern zu erreichen und zu überzeugen.

Beim AMS gebe es derzeit um 50 Prozent mehr offene Stellen als im vergangenen Jahr. Sie sieht daher auch ein "riesiges Angebot für Arbeitssuchende", denn sie wissen schon am Anfang der Ausbildung: "Hier habe ich einen Partner, ich weiß wo es hingeht, wofür ich mich anstrenge und lerne." Das Angebot richte sich grundsätzlich an alle Arbeitssuchende, Jugendliche unter 20 Jahren sollen aber in die klassische Lehre gehen.

Das Personal sei ein entscheidender Faktor für Betriebsansiedelungen. Die Initiative sichere somit den Wirtschaftsstandort ab, zeigte sich Landesrat Leonhard Schneemann (SPÖ) erfreut. Die Herausforderung der Zukunft werde sein, die Lücke von derzeit 2000 offenen Stellen und 7600 gemeldeten Arbeitslosen zu schließen, so der Landesrat.

(APA)

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