„A Black Jesus“

Zwei Seelen in einem kleinen Dorf

Die Dorfbewohner von Siculiana verehren „ihren“ schwarzen Jesus am Kreuz abgöttisch.
Die Dorfbewohner von Siculiana verehren „ihren“ schwarzen Jesus am Kreuz abgöttisch.⫻ Paolo Indelicato
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Wie gehen ehemalige Emigranten mit Geflüchteten um? Davon handelt der Film „A Black Jesus“.

Kann der Glaube Menschen zusammenbringen? So abstrakt die Frage scheint, so konkret beantwortet sie der sizilianische Regisseur Luca Lucchesi in seiner Dokumentation „A Black Jesus“. Wobei, das stimmt gar nicht. Vielmehr findet jeder, der diesen Film sieht, seine eigene Antwort.

Viele Wochen hat Lucchesi in Siculiana verbracht und die Menschen dort begleitet. Siculiana ist eine kleine sizilianischen Stadt in der Provinz von Agrigent. Lucchesis Vater stammt von dort. Seit Jahrhunderten wird in Siculiana die Statue eines schwarzen Jesus verehrt. Nur seine Knie sind ganz weiß, weil die Gläubigen sie schon so oft geküsst und berührt haben. Alljährlich am 3. Mai wird das schwere Kruzifix ehrfürchtig auf Schultern von ausgewählten, ehrbaren Männern in einer feierlichen Prozession durch die überfüllten Straßen der Stadt getragen. Zu diesem Anlass kehren jedes Jahr Hunderte von sizilianischen Auswanderern zurück, um ihren Schutzpatron an diesem Tag zu feiern und Nächstenliebe und Verbundenheit zu leben.

Geflüchtete sind unerwünscht.
Doch im Alltag zeigt sich auch ein anderes Gesicht dieser frommen Menschen. Die Villa Sikania, ein Hotel am Rande des Bankrotts, wurde 2014 von den Besitzern in ein Flüchtlingszentrum umgewandelt. Auf dem Höhepunkt der Migrationskrise wurden dort 1000 Flüchtlinge untergebracht, ein Drittel der lokalen Bevölkerung. Kaum einer von ihnen hat jemals ein einziges Wort mit den Einwohnern gesprochen.

Jeder war einmal der Fremde. Dabei müssen die Siculianesi, die selbst immer schon Emigranten waren, sich täglich mit der Abwanderung junger Menschen und dem Mangel an Arbeitskräften auseinandersetzen. Eine mögliche Antwort auf die Probleme der Kleinstadt könnten die jungen Migranten sein: Ihre Bereitschaft, ehrliche Arbeit zu leisten, könnte das Schicksal, eine Geisterstadt zu werden, abwenden. Ihr Status als Asylbewerber macht es ihnen jedoch unmöglich, Pläne zu schmieden oder legale Arbeitsverträge zu erhalten.

Dialog ist nicht erwünscht. Siculianesi und Migranten mischen sich nicht und sprechen nicht miteinander, und das nicht nur aus Angst, sondern auch, weil die italienische Regierung vermieden hat, einen fruchtbaren Dialog zwischen diesen beiden unterschiedlichen Gesichtern der Armut herzustellen.

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