Wiens Bürgermeister Michael Ludwig verlangt ein Aufschnüren der Steuerreform, ansonsten müsse Wien einen harten Sparkurs fahren, um 450 Millionen Euro pro Jahr einzusparen.
„Die Steuerreform ist weder ökologisch noch sozial. Wir waren nicht eingebunden und nicht vorab informiert, obwohl wir die Steuerreform entscheidend mitfinanzieren.“ Mit harscher Kritik begann Wiens Bürgermeister Michael Ludwig am Montag seine Erklärung zu dem Vorhaben der türkis-grünen Bundesregierung, er sprach wörtlich von „Wien-Bashing“: „Ich gehe davon aus, dass dieses Paket nicht so kommen wird, wie es am Sonntag präsentiert wurde“, erklärte Ludwig, der wörtlich von einer Belohnung von Gutverdienenden mit klimaschädlichem Verhalten sprach.
Womit Ludwig ein besonderes Problem hat: Alleine die Senkung der Lohn- und Körperschaftssteuer würde Wien 450 Millionen Euro kosten – pro Jahr: „Dieses Paket muss wieder aufgeschnürt werden“, forderte der Wiener Bürgermeister, auch im Namen der Länder, Städte und Gemeinde, wie er erklärte. Komme die Steuerreform wie geplant, „müssen wir Leistungen reduzieren“, oder es gebe „eine deutliche Belastung“ für das Wiener Budget.
Ludwig will noch verhandeln
Welche Leistungen für die Wiener ab 2023/2024 gekürzt werden, konnte Ludwig auf „Presse“-Anfrage noch nicht beantworten. Um Leistungskürzungen in Wien zu vermeiden, forderte der Bürgermeister: Der Bund müsse die Einnahmenausfälle in Wien kompensieren: „Ich bin hoffnungsvoll, dass (über die Steuerreform, Anm.) noch verhandelt wird.“
Wie hoch die finanziellen Belastungen für Wien insgesamt sind, konnte Ludwig am Montag nicht sagen. Das werde noch berechnet, meinte der Bürgermeister.
Gleichzeitig schoss sich Ludwig auf den Klimabonus ein: „Die Steuerreform benachteiligt ganz stark den urbanen Raum, und Wien besonders.“ Dass die Bundeshauptstadt als einzige Stadt in Österreich den niedrigsten Klimabonus (100 Euro, Anm.) bekomme, kann Ludwig nicht nachvollziehen: „Klimafreundliches Verhalten muss belohnt, und nicht bestraft werden.“ Wien habe seit 20 Jahren ein Klimaschutzprogramm, die CO₂-Emissionen seien nur halb so hoch wie im österreichischen Durchschnitt, die Bodenversiegelung ebenfalls.
Dafür habe Wien viel Geld in die Hand genommen: Ausbau der Fernwärme, der Bau von Europas größter Passivhaus-Siedlung, Fotovoltaikanlagen auf Gemeindebauten, und im Verkehrsbereich gehöre die Stadt zu den Spitzenreitern in Europa (dank des U-Bahn-Ausbaus, den zur Hälfte der Bund finanziert, Anm.). Aber 40 Prozent der Wiener hätten eine Gasheizung, würden durch die Pläne besonders belastet: Dadurch würden die Mieten teurer. Denn ein Mieter könne nicht entscheiden, eine alte Gastherme gegen ein umweltfreundliches Heizsystem auszuwechseln: „Und die meisten Menschen in Wien leben in einer Mietwohnung.“ Deshalb müssten die Pläne noch sozial abgefedert werden, forderte der Wiener Bürgermeister, der noch anmerkte: Von wichtigen Reformen wie einer Pflegereform sei von Türkis-Grün nichts zu hören.
Auch Linz protestiert
Schützenhilfe für Ludwig kam vom Präsidenten des Oberösterreichischen Städtebundes und Linzer Bürgermeister, Klaus Luger (SPÖ). Er sieht in der Steuerreform ebenfalls eine Benachteiligung für Stadtbewohner, die weniger CO₂ verursachen aber höhere Wohnkosten haben als die Bevölkerung auf dem Land. CO₂-Sünder wie „Häuselbauer auf dem Land, die Boden versiegeln und täglich mit dem Auto in die Stadt pendeln“, würden belohnt, so Luger.
Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne) erklärte, dass die Einstufung in die zweite Kategorie „effektiv mehr Geld“ für die Innsbrucker bedeute: „Ich verstehe aber nicht, warum nicht alle gut erschlossenen Gebiete mindestens 133 Euro bekommen.“
Aus dem Umfeld der möglichen künftigen Grazer Bürgermeisterin und jetzigen Verkehrsstadträtin Elke Kahr (KPÖ) hieß es am Dienstag, dass die Steuerreform die richtige Stoßrichtung habe. Die KPÖ befürchtet aber, dass sich keine großen Lenkungseffekte ergeben und verweist darauf, dass Auspendler benachteiligt würden. Die Forderung: Das Klimaticket soll speziell für diese Zielgruppe von Graz gefördert werden.