Die SPÖ will den Finanzminister am Tag vor seiner Budgetrede mit einer Dringlichen Anfrage konfrontieren - und liebäugelt mit einem Misstrauensantrag.
„Es wird sicher keinen Misstrauensantrag gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz geben, weil er nicht mehr Bundeskanzler ist“, sagte Kai Jan Krainer, zuletzt SPÖ-Fraktionsführer im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur „Ibiza-Affäre“, am Montag im Ö1-„Morgenjournal“. Ganz ohne Misstrauensantrag wird die Sondersitzung des Nationalrates am morgigen Dienstag dennoch nicht über die Bühne gehen. Jetzt im Fokus: Gernot Blümel.
Der Finanzminister werde sich aller Voraussicht nach einem Votum stellen müssen, meinte der stellvertretende Klubchef Jörg Leichtfried Montagmittag. Eine entsprechende Initiative sei „hoch wahrscheinlich“.
Dringliche Anfrage vor Budgetrede
Nicht nur wahrscheinlich, sondern bereits fix ist unterdessen eine „Dringliche Anfrage“ an den Finanzminister am Tag vor dessen Budgetrede: „Er ist jetzt der oberste Vertreter des System Kurz in der Regierung, der engste politische Vertraute von Kurz. Und sein Ministerium war auch Schauplatz der mutmaßlichen Korruption“, argumentierte Leichtfried mit Verweis darauf, dass in der Vorwoche aufgrund der neuen Chatprotokolle nicht nur im Bundeskanzleramt und in der ÖVP-Zentrale, sondern auch im Finanzministerium eine Hausdurchsuchung stattgefunden hat.
Das System Kurz bleibe ohnehin bestehen, kritisierte Leichtfried. Nichtsdestoweniger habe der Druck, „den wir aufgebaut haben", dazu geführt, dass die Volkspartei Kurz als Kanzler nicht halten habe können. Um aber nach 35 Jahren die Regierungsmacht nicht aufgeben zu müssen, „wurde Kurz als Kanzler geopfert". Als türkiser Klubobmann im Parlament sowie als unbestrittener Parteichef werde Kurz als „Schattenkanzler“ aber weiterhin die Fäden ziehen und die Aufklärung zu behindern versuchen, vermutete Leichtfried.
Fest steht: Eine Chance angenommen zu werden, hat der Misstrauensantrag gegen Blümel - sollte er tatsächlich zustande kommen - nicht. Denn dafür müssten die Grünen mit der Opposition stimmen. Das werden diese aber nicht tun: Immerhin betonte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Samstag, dass die ÖVP mit der Rochade an ihrer Spitze, der Forderung seiner Partei nachgekommen sei und damit die türkis-grüne Regierungsarbeit fortgesetzt werden könne.
Ermittlungen gegen Blümel
Ganz unbeschwert dürfte sich diese aber nicht gestalten, denn auch Blümel sieht sich mit Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen seine Person konfrontiert. So wird er in der Causa Glücksspiel als Beschuldigter geführt und zwar aufgrund der möglichen Vergehen der Untreue, Missbrauch der Amtsgewalt und Bestechlichkeit.
Grund dafür ist die Annahme, dass das Finanzministerium dem Glücksspielkonzern Novomatic im Jahr 2017 bei Steuerproblemen in Italien geholfen haben soll – um im Gegenzug dazu Spenden für die ÖVP zu erhalten. Konkret bat Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann am 12. Juli 2017 in einer Chatnachricht an Blümel um einen Termin bei Kurz „erstens wegen Spende und zweitens bezüglich eines Problemes, das wir in Italien haben“. Blümel, damals nicht amtsführender Stadtrat in Wien, antwortete nicht, bat aber Thomas Schmid, damals Kabinettschef im Finanzministerium, Neumann zurückzurufen. Acht Tage später traf Sebastian Kurz, damals Außenminister, mit seinem italienischen Amtskollegen zusammen. Interventionen bestreiten Kurz und Blümel.
Fest steht: Bei letzterem fand im Februar 2021 eine Razzia statt, er selbst ortet „falsche Vorwürfe“. Und: Novomatic zahlte 20 Millionen Euro nach – anstatt der ursprünglich im Raum stehenden mehr als 50 Millionen Euro. Fest steht außerdem: Blümel ist auch mit einer Anzeige wegen vermuteter Falschaussage vor dem U-Ausschuss konfrontiert. Und: Es gilt die Unschuldsvermutung.
(hell)