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"Ampel" auf Grün: FDP stimmt für Aufnahme von Koalitionsverhandlungen

Christian Lindner hat vom Parteivorstand Rückendeckung für die Verhandlungen bekommen.
Christian Lindner hat vom Parteivorstand Rückendeckung für die Verhandlungen bekommen.REUTERS
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Nach SPD und Grünen hat am Montag auch die FDP für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen gestimmt. Das Finanzressort könnte dort aber zum Streitthema werden.

Rund drei Wochen nach der Bundestagswahl können die Koalitionsverhandlungen zur Bildung der ersten Ampel-Regierung in Deutschland beginnen. Nach SPD und Grünen stimmte am Montag auch die FDP für die Aufnahme intensiver Gespräche. "Wir begeben uns nun auf den Weg, Verantwortung für Deutschland mit zu übernehmen", sagte FDP-Parteichef Christian Lindner in Berlin. Zugleich begannen vor allem zwischen Grünen und FDP bereits Debatten über die Besetzung wichtiger Ministerien.

"Deutschland braucht eine stabile Regierung, Deutschland darf nicht führungslos sein, Deutschland benötigt eine umfassende Modernisierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat", erklärte Lindner weiter. Bisher hatten SPD, Grüne und FDP Sondierungsgespräche geführt, um unverbindlich Gemeinsamkeiten und Differenzen auszuloten. Bei den nun anstehenden Koalitionsgesprächen haben die Partner eine gemeinsame Regierung schon fest im Blick.

Lindner machte deutlich, das nun angestrebte Ampel-Bündnis sei vor der Wahl keine Wunschkonstellation gewesen und werde wohl eher ein Zweckbündnis. Es gebe nach wie vor große inhaltliche Unterschiede, bei denen es auch in Zukunft bleiben werde. Dies erfordere von allen viel Toleranz und Bereitschaft zu "neuem Denken".

Ergebnispapier als erste Richtmarke

Am Freitag hatten die Ampel-Unterhändler ein gemeinsames Ergebnispapier ihrer Sondierungsgespräche präsentiert, in dem einige Konflikte geklärt, andere Differenzen aber noch ungelöst blieben. Danach sollen wichtige Steuern wie die Einkommens- und Unternehmenssteuern nicht erhöht werden. Außerdem soll die Schuldenbremse wieder eingehalten werden. Der gesetzliche Mindestlohn soll auf zwölf Euro pro Stunde steigen. Beim Klimaschutz sind unter anderem ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien und ein Kohleausstieg im Idealfall schon bis 2030 geplant.

Die Koalitionsgespräche, in denen das Sondierungspapier konkretisiert werden soll, könnten noch in dieser Woche beginnen. Dabei wird es in den kommenden Wochen auch um den Zuschnitt und die Besetzung der einzelnen Ministerien gehen. Allerdings sollen zunächst die inhaltlichen Vorhaben des Koalitionsvertrags festgelegt werden.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil geht indes davon aus, dass die Ampel-Koalitionsverhandlungen "sehr schnell" losgehen. Dann werde es auch um den Zuschnitt und die Verteilung von Ministerien gehen. Zur Kritik der fehlenden Finanzierung im Ampel-Sondierungspapier sagt Klingbeil im ZDF, es gebe schon Geld in den Haushalten. Außerdem werde Wachstum zu mehr Steuereinnahmen führen. Und schließlich werde die vereinbarte globale Mindeststeuer Deutschland knapp sechs Milliarden Euro in die Kassen spülen.

FDP gegen Frauenquote im Kabinett

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte im Wahlkampf stets betont, sein Kabinett solle paritätisch, also mit gleich vielen Frauen wie Männern besetzt sein. Davon zeigten sich führende FDP-Politiker nun wenig begeistert. "Bei der Besetzung von Kabinettsposten sollte immer die Qualifikation und die Fähigkeit, ein Ministerium zu führen, eine Hauptrolle spielen", sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Vor allem um die Besetzung des Finanzressorts bahnt sich eine Auseinandersetzung zwischen Grünen und FDP an. Lindner signalisierte bereits Interesse, betonte aber zugleich, so etwas solle jetzt nicht öffentlich diskutiert werden.

Mehrere Spitzenpolitiker der Ampel-Parteien versuchten, die Personaldebatte auszubremsen. SPD-Co-Chef Norbert Walter-Borjans drang darauf, zuerst über Inhalte zu sprechen. Auch Lindners Parteifreund Volker Wissing bezeichnete Personaldiskussionen als verfrüht.

Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, erklärte im RTL/ntv-"Frühstart": "Ich finde, über Personal muss geredet werden, aber ehrlicherweise: Das macht man am Ende von Verhandlungen." Grünen-Co-Chef Robert Habeck sagte der ARD, es gehöre "zur Fairness, zum guten Ton und auch zur politischen Klugheit", jetzt keine Personaldebatten aufzumachen.

Die Talfahrt der Union in den Meinungsumfragen scheint unterdessen noch nicht beendet zu sein. Im am Montag von "Bild" veröffentlichten Insa-Meinungstrend verlor die Union einen Punkt auf nur noch 18,5 Prozent. Dies sei der niedrigste jemals in dieser Umfrage gemessene Wert für CDU/CSU, hieß es. Nach den erfolgreichen Sondierungen für eine Ampel-Koalition konnte hingegen die FDP etwas zulegen. Die Liberalen gewannen den Angaben zufolge einen halben Prozentpunkt hinzu und kommen nun auf 15 Prozent. Die Grünen als weiterer Partner der "Ampel" blieben bei 16 Prozent, die SPD gab um einen halben Punkt auf 28 Prozent nach. Die AfD legte einen halben Punkt zu und steht bei 11,5 Prozent, die Linke verbesserte sich um einen Punkt auf fünf Prozent. Sonstige Parteien kommen zusammen auf sechs Prozent (minus 0,5 Prozentpunkte).

(APA/DPA)

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