Historiker streiten darüber, welchen Charakter das Dollfuß-Regime hatte. Ohne Mussolini ist es jedenfalls nicht zu erklären.
Ständestaat hieß die Regierungsform Österreichs von 1933 bis 1938 jahrzehntelang recht unbestimmt. Ein katholischer Staat auf (berufs-)ständischer Grundlage wie etwa im Mittelalter, regiert von einer Einheitspartei, der Vaterländischen Front, unter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß. Dann führte der Politologe Emmerich Tálos, politisch links zu verorten, den Begriff Austrofaschismus für das Dollfuß-Regime ein. ÖVP-nahe Historiker wie Helmut Wohnout konterten nach einer langen Schrecksekunde mit „Kanzlerdiktatur“, ein Begriff, den dann 2015 auch der damalige ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner bei der 70-Jahr-Feier der Volkspartei verwendete.
Diese Debatte nimmt nun wieder Fahrt auf. Ausgerechnet unter dem sonst so umstrittenen Sebastian Kurz hatte sie keine Rolle mehr gespielt – er hatte das Dollfuß-Bild im ÖVP-Klub abhängen bzw. im Ausweichquartier nicht wieder aufhängen lassen. Nun ist die alte, schwarze ÖVP wieder da – und auch diese Diskussion. Anlass ist das Engelbert-Dollfuß-Museum in der Heimatgemeinde des neuen Innenministers, Gerhard Karner.