Ungarns Höchstrichter retten EU-Recht

Das Verfassungsgericht lehnte die Prüfung eines für die Regierung unliebsamen EuGH-Urteils ab.

Budapest. In der Frage des Vorrangs von nationalem oder EU-Recht in der Migrationspolitik hat das ungarische Verfassungsgericht eine Überprüfung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) abgelehnt. Die Entscheidung bedeutet eine Niederlage für Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Seine Regierung hatte nach polnischem Muster versucht, das Verfassungsgericht als Mittel zu nutzen, um ein Urteil des EuGH auszuhebeln.

Orbán hatte noch am Freitag im ungarischen Staatsrundfunk die Hoffnung auf ein positives Urteil geäußert. Denn damit könne neben dem physischen Grenzzaun auch ein „juristischer Grenzzaun“ gegen Migranten gebaut werden. Der EuGH hatte in seinem Urteil befunden, dass Ungarn seinen Verpflichtungen in Bezug auf die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Rückführung von Drittstaatsangehörigen, die nicht das Recht haben, in der EU zu bleiben, nicht nachgekommen sei.

Bußgeld wird fällig

Der „Sabotageversuch“ der Regierung sei misslungen, der EU-Beschluss müsse durchgesetzt werden, kommentierte das ungarische Helsinki-Komitee die Entscheidung des Verfassungsgerichts. Die Lage sei klar: Die Entscheidung müsse durchgesetzt, die Unmenschlichkeit gegenüber den Asylantragstellern damit beendet werden.

Im Namen der Regierung hatte Justizministerin Judit Varga im Februar das Verfassungsgericht angerufen und erklärt, dass die Durchsetzung des EuGH-Urteils ein Verfassungsproblem aufwerfe. Weiter hieß es, dass Ungarn dem EuGH-Urteil über das Asylrecht bis zum Entscheid des Verfassungsgerichts nicht nachkommen werde. Nachdem Budapest das EuGH-Urteil ignoriert hatte, startete die EU-Kommission dennoch ein Bußgeldverfahren. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2021)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.