Er schrieb anstatt zu lieben. Gustave Flauberts Verachtung galt der Ehe und der bürgerlichen Gesellschaft überhaupt. Sein Porträt einer Frau, die an den Konventionen zerbrach, wurde Weltliteratur. Ein Beitrag zu Flauberts 200. Geburtstag am 12. Dezember.
Es gibt Paare, die einander wirklich, man kann sagen: leidenschaftlich, lieben. Das heißt aber nicht, dass sie unter Liebe dasselbe verstehen. Man hätte die begabte Louise Colet warnen sollen vor einer Liaison mit einem Mann, der entschlossen war, nur für seine Kunst zu leben. Gustave Flaubert, der literarische Einsiedler aus Rouen, hat ihr auch nichts vorgespielt. Zwischen Kunst und Leben, und das heißt auch Liebe, müsse man wählen, sagte er, und seine Entscheidung stand fest: „Für mich steht die Liebe nicht im Vordergrund des Lebens und darf es auch nicht. Sie muss im Hinterzimmer bleiben.“
Er lebte bei der Mutter, entschied sich nie für eine Frau, konnte nur auf Distanz lieben, er war besessen, umgetrieben von einer einzigen Idee: der des großen Werks. Nichts darf ihn davon ablenken. Die Liebe der Frauen kann vorübergehend köstlich sein, doch auf Dauer wirkt sie verschlingend und bedrohlich. Daher muss sie eine Nebensache bleiben. „Das Groteske der Liebe hat mich immer davon abgehalten, mich ihr auszuliefern“, schrieb er an Louise Colet, die schwer darunter litt, im Hinterzimmer zu verbleiben. Selten wird ein Leser, der auf eine glückliche Liebesgeschichte hofft, so nervenaufreibend frustriert wie bei der Lektüre ihres Briefwechsels.
Verfinsterter Blick. Flauberts Unpersönlichkeit hat ihre Wurzeln in seiner Weltsicht, einem verfinsterten Blick auf die menschliche Natur, das Leben, die Welt, und dies sein Leben lang: „Ich verachte meine Mitmenschen heftig und fühle mich nicht als ihresgleichen.“ Nur die Kunst könne vor totaler Mittelmäßigkeit bewahren. Folglich lehnte er die Politik ab, den engstirnigen Konservatismus der Bourgeoisie genauso wie die Utopien der Zukunftsplaner (er erlebte gleich zwei Revolutionen, 1830 und 1848, die Restauration des Kaisertums 1851 und die bonapartistische Diktatur, die sozialistische Commune 1871, die Republik). Flaubert verabscheut alle Regierungen, die beste sei die, die „im Sterben liegt“. Der Bourgeois ödet ihn genauso an wie der Sozialist. Als eingefleischter Elitist will er von Demokratie nichts hören.