Polen/Belarus

Der seltsame Fall eines polnischen Deserteurs in Belarus

Militär an der polnischen Grenze zu Belarus.
Militär an der polnischen Grenze zu Belarus.(c) imago images/NurPhoto (Dominika Zarzycka via www.imago-images.de)
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Das Regime in Minsk nutzt die Erzählungen eines polnischen Soldaten über seinen Grenzeinsatz für Propagandazwecke. Zudem berichtet Amnesty International von schweren Misshandlungen beider Seiten.

Er habe während seines Dienstes an der Grenze zu Belarus viel nachgedacht und schließlich die behelfsmäßige Stacheldrahtsperre auf polnischer Seite überquert, dann seine Unform ausgezogen und sei nackt über den neutralen Grenzstreifen nach Belarus gerannt, erzählt Emil Cz. bei Kaffee und Pralinen einer des Polnischen mächtigen belarussischen TV-Journalistin während eines Exklusivinterviews für den Staatssender ATN in Minsk. Seine polnische Flagge reißt er während des Gespräches offenbar von der Unform und bittet, sie ins Klo werfen zu dürfen. Das angeblich spontane Interview wirkt gestellt. Teils werden die Aussagen des Soldaten offensichtlich falsch ins Russische übersetzt – und zwar so, dass es dramatischer klingt –, dann wieder bejaht Emil Cz. Suggestivfragen der jungen Interviewerin nach klaren Menschenrechtsverletzungen der polnischen Armee.

„Wir haben immer getötet“

So erzählt er von seiner ersten Patrouille, die angeblich bereits im Mai stattgefunden hat: Damals sei ihm sehr viel Alkohol verabreicht worden und er habe gesehen, wie Grenzschützer zuerst eine Grube ausgehoben und dann einen Flüchtling mit einem Kopfschuss hingerichtet hätten. Später hätte er selbst an solchen Hinrichtungen teilnehmen müssen. „Wir haben immer getötet. Die Leichen der Migranten wurden in der Erde verscharrt oder den Wölfen zum Fraß hinterlassen, aber die Mehrheit bekam ein Grab“, sagt Emil Cz. etwa. Auch die Frage, ob auch NGO-Aktivisten vom Grenzschutz und der Armee erschossen worden seien, bejaht der Deserteur. Ihm seien zwei solche Fälle persönlich bekannt, berichtet er in dem knapp achtminütigen Interview.

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