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Schwarze Netzwerke in der Justiz?

Eva Marek, 2014 im Interview mit der "Presse".
Eva Marek, 2014 im Interview mit der "Presse".Die Presse, Fabry
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Chats, die am Mobiltelefon des einstigen Innenministeriums-Kabinettschefs Michael Kloibmüller gelandet sind, deuten auf früheren Postenschacher rund um die Oberstaatsanwaltschaft Wien hin.

Ein Chat-Verkehr in den Reihen der ÖVP bzw. ÖVP-naher Personen deutet auf Postenschacher bei der Bestellung der seinerzeitigen Leitung der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien hin. Die Chats wurden von der Online-Plattform „ZackZack“ veröffentlicht, die vom Ex-Grünen-Mandatar Peter Pilz betrieben wird.

2014 wurde, wie berichtet, die OGH-Hofrätin Eva Marek als nicht die von der Personalkommission bestgereihte Kandidatin neue Leiterin der OStA Wien. Der damalige Justizminister Wolfgang Brandstetter (von der ÖVP nominiert) meinte, die eigentliche Favoritin, Ilse Maria Vrabl-Sanda, (bis heute) Leiterin der Korruptions-Staatsanwaltschaft, sei „unverzichtbar“.

Die Chats - etliche Passagen liegen auch der „Presse“ vor - zeichnen das Bild eines abgekarteten Spiels. Dass Parteipolitik eine Rolle gespielt haben könnte, wurde schon damals diskutiert. Im „Presse“-Interview im Oktober 2014 nahm Marek Stellung. Hier die wichtigsten Auszüge - eine der Fragen lautete: „Ihre Bestellung wurde von politischen Untertönen begleitet, SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim hat Ihnen einen Mangel an Erfahrung in der Justizverwaltung unterstellt. Nähe zur SPÖ haben Sie offensichtlich keine . . ."

Marek antwortete: „Die Politik spielt im Justizbereich eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Rahmenbedingungen zu schaffen. Parteipolitik hat aber weder in einem Ermittlungsverfahren noch bei einer Postenbesetzung Platz. Im Übrigen habe ich die Abteilung für Einzelstrafsachen im Justizministerium geleitet. Natürlich waren dort auch Verwaltungsaufgaben zu bewältigen. Und nein, Nähe zur SPÖ habe ich keine."

Die nächste Frage lautete: „Nähe zur ÖVP?“ Antwort: „Nein, weder zur ÖVP noch zu einer anderen Partei. Wenn Sie damit meinen, dass mein Ehemann (Günther Marek, Sicherheitsverantwortlicher für die Euro 2008, früher ÖVP-Gemeinderat in Wien, Anm.) als Sektionschef-Stellvertreter, Bereich Ressourcen, im Innenministerium als Jurist arbeitet, dann stimmt es. Zu ihm gibt es eine private Nähe."

Weiter: „Im Bewerbungsverfahren wurden Sie von der Personalkommission - mit anderen Bewerbern - an die zweite Stelle gereiht, an erster Stelle war die Chefin der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Ilse-Maria Vrabl-Sanda. Sie wurden also von der Nummer zwei zur Nummer eins."

Antwort: „Die Kommission hat aber keine Anhörung der Bewerber vorgenommen. Anders der Herr Justizminister, dieser hat jeden Bewerber zum persönlichen Fachgespräch gebeten und aufgrund dessen die Entscheidung getroffen."

Sollten andere Bewerberinnen verhindert werden?

Die Chats, die sich am Handy des einstigen Innenressort-Kabinettschefs Michael Kloibmüller fanden, legen nun aber nahe, dass mit der Besetzung zwei nicht genehme Kandidatinnen verhindert werden sollten und Marek im Gegenzug erwartete, zwei Jahre später mit der Leitung der Generalprokuratur belohnt zu werden. Diesen Job bekam sie aber nicht.

Zur Erklärung: Die Spitze der OStA ist längst nicht mehr mit Marek besetzt. Derzeit wird diese Behörde von Johann Fuchs geleitet. Marek ist seit 2018 Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes.

Brandstetter wies Absprachen gegenüber dem Ö1-"Mittagsjournal" zurück. Kloibmüller erklärte auf Anfrage der Austria Presse Agentur, er könne inhaltlich nichts zu den Chats sagen, weil er deren Authentizität nicht prüfen könne. Er betont aber, dass seine Handydaten "gestohlen" worden seien. Das Mobiltelefon sei von einer Gruppe von Personen "widerrechtlich erlangt" und weitergegeben worden. Es gebe dazu auch ein Verfahren, in dem er als Opfer einvernommen worden sei.

Ermittlung wegen Datendiebstahls

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses. In der Wohnung eines BVT-IT-Technikers sollen Ermittler mehrere Handys gefunden haben, die teils hochrangigen Innenministeriums- und Kabinettsmitarbeitern gehört haben sollen. Kloibmüllers Handys soll bei einem Kabinettsausflug nass geworden und dann dem Spezialisten zur Reparatur übergeben worden sein. Der Mann soll behauptet haben, nichts mehr retten zu können und das Telefon zu vernichten, stattdessen aber die Daten ausgelesen, weitergegeben und verkauft haben. „Die Presse“ hatte über diesen Vorfall berichtet.

Aber noch einmal zurück zu den Chats: Im Oktober 2016 beklagte sich Marek demnach bei Brandstetter per Chat „für die peinliche Vorführung“ in der Personalkommission. Sie meinte damals offensichtlich, dass sie die Leitung der Generalprokuratur nicht bekommen hatte. Obgleich sie mit ihrer früheren Bewerbung zur OStA die beiden nicht genehmen Kandidatinnen verhindert habe.

Auch bei der ÖVP-Politikerin Johanna Mikl-Leitner, früher Innenministerin, heute Landeshauptfrau in Niederösterreich, beklagte sich Marek offenbar. So existiert ein Chat-Eintrag, in dem es heißt: „Bin von einer erfolgreichen Höchstrichterin in zwei Jahren zu einer weitaus schlechter verdienenden Lachnummer der Justiz avanciert (...). Vielleicht können wir einmal ein Gespräch ausmachen.“ 

(m. s.)

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