Russland/Ukraine

Nato-Staaten stärken ihre Verteidigung in Osteuropa

Die britische Botschaft in Kiew mitsamt Nato-Flagge.
Die britische Botschaft in Kiew mitsamt Nato-Flagge.APA/AFP/SERGEI SUPINSKY
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Die Nato entsendet weitere Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge in den Osten. Die USA und Großbritannien reduzieren ihr Botschaftspersonal in Kiew - eine „Vorsichtsmaßnahme“. Österreich sichert der Ukraine Unterstützung zu.

Die Nato-Mitgliedsstaaten wollen angesichts der Spannungen zwischen der Ukraine und Russland ihre Militärpräsenz in Osteuropa stärken. Die Truppen der Nato-Staaten würden in Bereitschaft versetzt und man entsende weitere Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge in den Osten, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Montag. Die USA und Großbritannien reduzieren unterdessen ihre Botschaftspräsenz in Kiew.

"Die Nato wird alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um unsere Verbündeten zu schützen und zu verteidigen. Das schließt auch die Verstärkung des östlichen Teils unserer Allianz mit ein", sagte Stoltenberg weiter. Die Ukraine ist kein Nato-Mitglied, aber mehrere ihrer westlichen Nachbarländer sind es.

Russland warf dem Militärbündnis daraufhin eine Verschärfung der Lage vor. "Die Spannungen werden durch die Ankündigungen und konkreten Maßnahmen der USA und der Nato verschärft", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag vor Journalisten in Moskau. Peskow warnte zudem vor einem "sehr hohen" Risiko einer ukrainischen Offensive gegen pro-russische Separatisten in der Ostukraine.

Mit einem eindringlichen Appell warnte unterdessen der britische Premier Boris Johnson den russischen Präsidenten Wladimir Putin vor einem Einmarsch in die Ukraine gewarnt. "Wir müssen es dem Kreml, Russland, sehr klar machen, dass es ein desaströser Schritt wäre", sagte Johnson am Montag bei einem Besuch in der Universitätsklinik von Milton Keynes. Auch aus russischer Perspektive wäre dies eine "schmerzhafte, gewaltsame und blutige Angelegenheit", warnte der Premier.

Debatte über US-Soldaten in der Ukraine

US-Präsident Joe Biden hatte sich über die Krise mit Moskau am Wochenende mit seinem Sicherheitsteam beraten. Die US-Regierung hatte sich am Wochenende eher zurückhaltend gezeigt, was die Verstärkung der Nato-Kräfte in Osteuropa betrifft. Zu den Optionen gehöre die Entsendung von 1000 bis 5000 Soldaten in osteuropäische Länder, mit der Möglichkeit, diese Zahl zu verzehnfachen, wenn sich die Lage verschlechtere, hieß es in dem Bericht der „New York Times".

Auf die Frage, ob die USA US-Soldaten in die Ukraine im Falle einer Invasion schicken würden, reagierte US-Außenminister Blinken am Sonntag ausweichend. Die Nato selbst werde weiterhin in erheblichem Maße gestärkt werden, falls Russland erneute Aggressionen verübe, sagte er. Biden hatte eine Entsendung von US-Soldaten in die Ukraine zuvor ausgeschlossen. Die USA unterstützen die Ukraine mit militärischem Material. Aktuell sind dem Pentagon zufolge weniger als 200 Militärs der Nationalgarde von Florida in der Ukraine im Einsatz.

„Vorsichtsmaßnahme": Weniger Botschaftspersonal

Währenddessen ziehen Washington und London nicht unmittelbar benötigte Beschäftigte aus Kiew ab. Angehörige von Diplomaten seien zudem zur Ausreise verpflichtet worden, teilten die Außenministerien mit. Es handle sich bei den Maßnahmen die US-Botschaft betreffend um "Vorsichtsmaßnahmen", sagte eine hochrangige Beamtin des US-Außenministeriums. Auf die Frage, warum diese Entscheidung ausgerechnet jetzt getroffen worden sei, verwies das Ministerium auf die Warnung des Weißen Hauses aus der vergangenen Woche, wonach es jederzeit zu einem Einmarsch Russlands in die Ukraine kommen könne.

Die Europäische Union sieht im Gegensatz dazu derzeit keinen Grund dafür, Botschaftspersonal und Familienangehörige von Diplomaten zur Ausreise aus der Ukraine aufzufordern. "Ich denke, nicht, dass wir dramatisieren müssen", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel, zu dem auch US-Außenminister Anthony Blinken zugeschaltet werden soll. Solange noch Verhandlungen mit Russland liefen, glaube er nicht, dass man die Ukraine verlassen müsse.

Auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock betonte, dass das deutsche Botschaftspersonal und deren Angehörige vorerst in Kiew blieben. Die Lage werde natürlich permanent evaluiert, sagt Baerbock vor Beratungen der EU-Außenminister in Brüssel. Die Sicherheit der Mitarbeiter habe "oberste Priorität". Es dürfe aber nicht zu einer weiteren Verunsicherung der Lage in der Ukraine kommen, was etwa auch negative Auswirkungen auf Investitionen zur Folge hätte.

Die Ukraine bezeichnete die Reduzierung des US-Botschaftspersonals in Kiew als "übertriebene Vorsicht". "Wir halten einen solchen Schritt der amerikanischen Seite für verfrüht", teilte das Außenministerium am Montag in der Hauptstadt Kiew mit. Die Sicherheitslage habe sich "nicht grundlegend verändert".

Nehammer sichert Unterstützung zu

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat dem ukrainischen Premier Denys Schmyhal angesichts der Spannungen mit Russland die Unterstützung Österreichs zugesichert. Im Telefonat vom Montag anlässlich des 30. Jahrestags der Aufnahme diplomatischer Beziehungen ging es laut einer Aussendung auch um den Ausbau von Kooperationen in den Bereichen Erneuerbare Energieträger und grüne Technologien.

Bundeskanzler Nehammer betonte, "Österreich ist ein Freund und Partner der Ukraine. Wir leisten vor allem politisch, wirtschaftlich und humanitär Unterstützung. Wir unterstützen auch eine enge Zusammenarbeit der Ukraine mit der Europäischen Union sowie die Fortführung der ambitionierten Reformen. Wir haben auch über die besorgniserregende Situation in der Ostukraine gesprochen, die wir gemeinsam mit unseren europäischen Partnern sehr genau beobachten. Die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine darf von Russland keinesfalls verletzt werden. Sollte es trotzdem dazu kommen, so wird es eine klare europäische Antwort geben", hieß es in der Aussendung weiter. Bundeskanzler Nehammer sagte demnach zudem einen Besuch in der Ukraine noch in der ersten Jahreshälfte zu.

Schmyhal wiederholte seinerseits einen zentralen bilateralen Wunsch: "Ich hoffe, dass Österreich bald das nächste Land sein wird, dass die europäische Perspektive der Ukraine auf einer bilateralen Grundlage unterstützt und eine diesbezügliche Vereinbarung während eines Treffens mit dem ukrainischen Präsidenten unterzeichnet wird", sagte er laut einer Aussendung der Regierung in Kiew. Mit Verweis auf ukrainische Pläne, zu einem zentralen Lieferanten von umweltfreundlich produziertem Wasserstoff für Europa zu werden, hoffe er auf österreichische Unterstützung bei der Umsetzung, merkte der ukrainische Premier zudem an.

Russischer Truppenaufmarsch

Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches in der Nähe der Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarland planen könnte. Für möglich wird allerdings auch gehalten, dass nur Ängste geschürt werden sollen, um die Nato-Staaten zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen. Erklärtes Ziel Russlands ist es etwa, dass die Nato auf eine weitere Osterweiterung verzichtet und ihre Streitkräfte aus östlichen Bündnisstaaten abzieht. Die Nato, aber auch die EU lehnen diese Forderungen als inakzeptabel ab.

(APA/dpa)

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