Umfrage

Auslandskorrespondenten in China beklagen "nie da gewesene Hürden"

Archivbild aus dem Medienzentrum der 4. Internationalen Import Expo CIIE in Shanghai.
Archivbild aus dem Medienzentrum der 4. Internationalen Import Expo CIIE in Shanghai.imago images/VCG
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Der Club der Auslandskorrespondenten beklagt vermehrt Visaverweigerungen, Überwachung und Einschüchterung der Arbeit von Journalisten in China.

Die ausländischen Korrespondenten in China beklagen "nie da gewesene Hürden" in ihrer Berichterstattung aus dem Land. In der jährlichen Umfrage des Auslandskorrespondentenclubs (FCCC) sagten 99 Prozent, dass die Arbeitsbedingungen nach ihrer Einschätzung nicht internationalen Standards entsprechen, wie am Montag aus einer Mitteilung hervorging. "Der FCCC ist besorgt über das halsbrecherische Tempo, mit dem die Medienfreiheit in China abnimmt."

Mit Blick auf die Olympischen Winterspiele in Peking, die am Freitag beginnen, kritisierten 60 Prozent der 127 Umfrageteilnehmer unzureichende Informationen der Organisatoren über Ereignisse im Vorfeld. 32 Prozent beklagten, von Veranstaltungen ausgeschlossen worden zu sein, die anderen Medien offengestanden seien.

Coronavirus spielt Regime in die Karten

Bei der täglichen Arbeit wurden Visaverweigerungen, Überwachung, Einschüchterung und Belästigung berichtet. Mit dem Hinweis auf den Kampf gegen das Coronavirus begründeten Behörden Verzögerungen bei der Erteilung von Visa, untersagten Reportagereisen oder wiesen Interviewanträge zurück. Knapp die Hälfte der Befragten (46 Prozent) berichtete, ihre Büros seien unterbesetzt, weil sie keine Journalisten ins Land bringen könnten.

"Im Ergebnis leidet die Berichterstattung aus China", stellte der FCCC fest. China-Korrespondenten, die nicht direkt aus dem Land berichten dürfen, hätten sich in Taipeh, Singapur, Sydney, Seoul oder London niedergelassen. "Die journalistische Abdeckung Chinas wird zunehmend eine Übung in Berichterstattung aus der Ferne."

Korrespondenten im Land litten derweil unter deutlichen Einschränkungen in ihrer Arbeit. 62 Prozent gaben an, mindestens einmal von Polizei oder anderen Offiziellen an der Berichterstattung gehindert worden zu sein. 88 Prozent, die die Region Xinjiang in Nordwestchina besucht haben, berichteten, verfolgt worden zu sein. China steht auch wegen seines Umgangs mit der muslimischen Minderheit der Uiguren in Xinjiang international in der Kritik.

Quellen belästigt, festgenommen oder verhört

Mehr als ein Viertel der Journalisten wusste, dass Quellen belästigt, festgenommen oder verhört worden seien, heißt es in dem Bericht weiter. 92 Prozent berichteten von Absagen durch Interviewpartner, die darauf verwiesen, eine Genehmigung ihrer Arbeitgeber oder höherer Stellen zu benötigen, um mit ausländischen Medien zu sprechen.

Die australische Journalistin Cheng Lei, die beim Staatsfernsehen CCTV gearbeitet hatte, sowie Haze Fan, eine chinesische Mitarbeiterin der Finanzagentur Bloomberg, seien seit mehr als einem Jahr in Haft. Konkrete Vorwürfe seien nicht genannt worden - außer vager Hinweise, dass es um die Staatssicherheit gehe. "Das Risiko-Umfeld verändert sich gegenwärtig in ungewohnter Weise", sagte David Rennie vom Magazin "Economist".

Chinesische Stellen schienen auch dazu zu ermutigen, Zivilklagen oder rechtliche Schritte gegen Auslandskorrespondenten anzustreben. Staatlich unterstützte Kampagnen mit Online-Angriffen erschwerten die Arbeit. Es fördere Gefühle in der chinesischen Öffentlichkeit, dass ausländische Medien feindlich gesonnen seien, stellte der FCCC fest. Eine Handvoll derart angegriffener Korrespondenten und ihre Familien hätten wegen der Belästigungen vorsichtshalber das Land verlassen.

(APA/dpa)

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