Nachrichten aus Charkiw

Mein Freund lebt noch

Der zerstörte Barabaschowa-Markt in Charkiw. 
Der zerstörte Barabaschowa-Markt in Charkiw. (c) IMAGO/NurPhoto (IMAGO/Collin Mayfield)
  • Drucken

Der verfluchte, ekelhafte Krieg, das neidische Luder, das Menschen und ihr Glück hasst und Familien auseinanderreißt.

Ich liebte jeden Zentimeter meiner Wohnung. Ich liebte die hellgrauen Tapeten, das Gemälde mit der Frau vor rotem Hintergrund, die Kissen und die Lichtschalter, die ich damals am Barabaschowo-Markt gekauft hatte. Jetzt ist der Markt zerstört, nachdem er in Brand gesteckt worden war, der dunkle Rauch umhüllte die ganze Stadt und der brennende Geruch kroch noch einige Tage durch die Luft und in unsere Nasen. Ich liebte meinen Arbeitsplatz, den ich so eingerichtet habe, dass ich beim Online-Dolmetschen den Himmel sehe und beobachten kann, wie sich seine Farben ändern. Ich liebte die Vögel, die in meinem Hof nisten. Im Mai und Juni bekommen sie Küken, und sie zwitschern den ganzen Tag hindurch. In diesem Jahr werde ich sie wohl nicht hören.

Jetzt musste ich mein Zuhause verlassen. Ich weiß nicht, für wie lange. Ich habe Wasser und Gas abgedreht, ich habe alles aus dem Kühlschrank weggeräumt. Am Ende sahen die Zimmer schon nicht mehr aus wie ein Zuhause. Am Vortag meiner Abreise saß ich lange da. Es gab kein Wasser mehr. Um die Toilette zu spülen, nutzte ich das Trinkwasser, das ich mir noch vor dem Krieg besorgt hatte.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.