Die Eisen- und Stahlwerke in Mariupol sind ein Wahrzeichen der Hafenstadt. Sie atmen Geschichte. Jetzt wurden sie zum letzten Zufluchtsort der Verteidiger Mariupols. Ein Zufall ist das nicht.
Wien/Mariupol. Über der Landschaft aus Hochöfen, Werkshallen und Bahngleisen steigt Rauch auf. Aber ganz anders als früher, als sie dort Koks verheizten und Stahl „kochten“. Die dicken, dunklen Rauchwolken auf den Bildern zeigen Beschuss an, die Schlacht um Mariupol. Das Asow-Stahl-Werk, eine elf Quadratkilometer große Stadt in der Stadt, ist vom Arbeits- zum Kriegsschauplatz verkommen. Auf dem Gelände sollen sich die letzten Verteidiger der Hafenstadt verschanzt haben, nach russischen Angaben 2500 Kämpfer. Laut Kiew sind dort auch 1000 Zivilisten.
Aber verlässliche Zahlen gibt es nicht. Mariupol ist seit Wochen von der Außenwelt abgeschnitten. Der Nebel des Kriegs ist dort noch dichter als anderswo.
Am Dienstag haben sich die Meldungen überschlagen. Die russische Seite drohte. Sie stellte Ultimaten. Sie verkündete auch eine Feuerpause und gab Versprechungen ab. Die Verschanzten sollten doch vernünftig sein, weiße Fahnen hissen und das Stahlwerk über einen Korridor in Richtung russische Kriegsgefangenschaft verlassen. Dann hieß es wieder von prorussischen Separatisten: Der Sturm auf das Stahlwerk habe begonnen. Am Dienstagabend meldete die ukrainische Seite schweren Beschuss des Stahlwerks. Die Lage war unübersichtlich. Ein paar Gewissheiten gibt es aber: Dass Russland einen Großteil Mariupols kontrolliert, dass die Kräfte der Verteidiger schwinden, aber auch, dass die Ukrainer schon länger durchgehalten haben, als ihnen das vielfach zugetraut worden ist.