Im Juni stehen bereits die Parlamentswahlen an. Kann das rechte Lager seine Spaltung überwinden, dann könnte es dem Präsidenten seine Amtszeit erschweren. Aber auch von Links
Die „Lame Duck“ kennen viele Politik-Beobachter aus den USA - wenn ein Präsident nicht die nötige Mehrheit im Kongress hat. Ähnliches droht jetzt auch Emmanuel Macron, dem soeben wiedergewählten französischen Präsidenten. Und so richtete sich der Blick schon am Wahlabend auf die anstehenden Parlamentswahlen am 12. und 19. Juni, die sogenannte „dritte Runde“ (nach den beiden Runden der Präsidentschaftswahl).
Die Parteizentralen planen bereits. Der Amtsinhaber im Élysée-Palast möchte lieber mit einer Mehrheit und nicht mit zwei Parlamentskammern konfrontiert sein, die eine Regierungsbildung erschweren und sich danach bei der Gesetzgebung ständig querlegen würden. Vor fünf Jahren hatte Macrons „La République en marche" zusammen mit der Zentrumspartei „MoDem“ eine absolute Mehrheit bekommen, danach aber alle lokalen und regionalen Zwischenwahlen verloren.
Wie sieht die Amtsübernahme aus?
Macron hatte sich 2017 nach seiner ersten Wahl zum Präsidenten Frankreichs für einen feierlichen Auftritt vor dem Louvre entschieden. Der Beginn seines zweiten Mandats wird deutlich nüchterner ausfallen. Eine Zeremonie soll es geben, auf eine erneute Fahrt über die Prachtstraße Champs-Elysée will er aber verzichten. Das Datum für die Amtseinführung steht noch nicht fest, aber sie soll vor dem 13. Mai erfolgen.
Premierminister Jean Castex hat bereits seinen Rücktritt für den Fall eines Wahlsiegs von Macron angekündigt. Nun wird Macron vermutlich erneut Politiker aus dem linken und rechten Lager in sein Kabinett holen. Es wäre eine Art Übergangskabinett bis zu den Wahlen im Juni. Macron hatte erklärt, der derzeitige Premierminister Castex werde zumindest vorerst weiterhin im Amt bleiben – ein Zeichen der Kontinuität.
Die erste Dienstreise Macrons wird traditionell nach Berlin gehen, vermutlich schon in den nächsten Tagen.
Wie wird die Parlamentswahl im Juni verlaufen?
Macrons Partei La République en Marche ist nicht besonders stark in der Fläche des Landes verwurzelt. Sie müsste viele Allianzen schmieden, um Kandidaten in die Nationalversammlung zu schicken. Dies ist auf regionaler Ebene aber oft einfacher als auf nationaler Ebene, zumal die Kandidaten der Sozialisten in der ersten Runde äußerst schlecht abgeschnitten haben.
Die unterlegene rechtspopulistische Rivalin Marine Le Pen hat seit Jahren daran gearbeitet, landesweit ein Netz von Bürgermeistern und Parlamentariern aufzubauen. Ihre Partei ist vor allem in ehemaligen Industriegebieten und im Süden Frankreichs stark, wo viele ihrer Wähler unter der massiven Teuerungswelle leiden und Angst vor Zuwanderern haben.
"Die Partie ist noch nicht gelaufen, es stehen noch Parlamentswahlen an", sagte sie am Abend vor ihren Anhängern in Paris. Ihr Wahlergebnis sei ein "durchschlagender Sieg", sagte Le Pen in Anspielung auf das Ergebnis vor fünf Jahren. Damals hatte sie mit knapp 34 Prozent gegen Macron verloren.
Der rechtsextreme Ex-Präsidentschaftskandidat Eric Zemmour rief zu einer Koalition der Nationalisten auf. "Wir müssen die Streitereien vergessen und uns zusammenschließen", sagte er in Paris. Dabei sehe er die führende Rolle bei seiner Partei „Reconquête!" ("Wiedereroberung"). Zemmour machte deutlich, dass die Zeit Marine Le Pens nun abgelaufen sei. "Es ist das achte Mal, dass der Name Le Pen sich mit einer Niederlage verbindet", sagte Zemmour mit Blick auf die zahlreichen Präsidentschaftskandidaturen von Le Pen und ihres Vaters Jean-Marie Le Pen. "Es geht schon zu lange so, dass diejenigen, die die Identität Frankreichs verteidigen und die Einwanderung beenden wollen, am Wahlabend enttäuscht sind", sagte Zemmour, der Le Pen in der Wahlkampf-Phase in Umfragen zeitweise überholt hatte, im ersten Wahlgang jedoch mit sieben Prozent auf dem vierten Platz landete.
Der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon, der in der ersten Runde mit 22 Prozent auf den dritten Platz gekommen war, brachte sich bereits als Premierminister ins Gespräch, falls seine Partei gut abschneidet. Er bekräftigte am Sonntagabend diesen Wunsch und rief seine Anhänger zum Wahlkampf für die Parlamentswahl auf. "Eine andere Welt ist noch möglich."
(APA/AFP)