Clubleben

Mehr Liebe für die Nacht

Chiara Lee Halle und Cem-Cihan Aslan von der Withthelove-Agency.
Chiara Lee Halle und Cem-Cihan Aslan von der Withthelove-Agency.Die Presse/Clemens Fabry
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Cem-Cihan Aslan und Chiara Lee Halle wollen Wiens Nachtleben attraktiver machen. Mit achtsamer Türpolitik und „Zero Asshole Tolerance“.

Es ist oft zuerst nur ein seltsames Gefühl, das einen im Club oder an der Bar befällt. Bis man merkt, dass man angestarrt wird. Gierig. Unangenehm. Oder man wird einfach von hinten angetanzt, und ehe man sich versieht, hat jemand schon zugegrapscht. Alles Situationen, die einem den Abend ruinieren können.

Was wäre also, wenn man das verhindern könnte?

Dafür wollen Chiara Lee Halle (25) und Cem-Cihan Aslan (29) sorgen. Aslan hat im Herbst die WiththeLove-Agency gründet, deren Ziel ist es, „mehr Liebe ins Nachtleben zu bringen“. Die Idee kam Cem-Cihan Aslan, der im Brotberuf Tech-Recruiter ist, im vergangenen Herbst, weil ihm selbst schon längere Zeit etwas im Nachtleben fehlte. „Für mich waren die Nacht und die Clubkultur etwas, bei dem ich mich immer willkommen gefühlt habe“, sagt er. Trotz seines Migrationshintergrunds, mit dem er in einem „provinziellen Umfeld“ im deutschen Nordrhein-Westfalen aufwuchs. Ähnlich sieht es Chiara Lee Halle. „Für mich ist die Techno-Szene einfach ein Safe Space. Wenn du einen guten Club hast, dann ist es egal, wo du herkommst und wer du bist.“

Seit Jahren sind die beiden Deutschen in der Wiener Clubszene daheim, und trotzdem, sagen beide, sei etwas während der Pandemie verloren gegangen. „Es ist nicht so, dass die Sicherheitsfirmen einen schlechten Job machen. Aber es fehlt die Sensibilisierung für Themen, die für unsere Generation relevant sind“, sagt Halle.

Mit der Agentur wollen sie genau da ansetzen. Sie befassen sich daher mit Door Policy und richtigem Verhalten im Club, arbeiten gegen Rassismus, Trans- und Homophobie, Drogen im Clubleben und entwickeln Konzepte für die Arbeitsgesundheit von Menschen im Nachtleben. Außerdem haben sie auch ein eigenes Label für Club-Veranstaltungen, machen Personal-Recruitment, Trainings und Künstlerbetreuung. Kurzum: Die Agentur soll das Bindeglied sein, damit sich Gäste, Personal und Künstler, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Status etc., in Clubs und Bars sicher, wohl und willkommen fühlen.

Der Gäste-Aspekt lässt sich am besten am Beispiel der Pratersauna erklären, wo Aslan als „Selector und Host“ arbeitet. Aslan steht dann an der Tür und schaut mit seinen Kollegen, wer hineindarf. Viel sensibilisierter als es Türsteher vielleicht sonst tun. Wer etwa schon in der Schlange mit sexistischen oder rassistischen Kommentaren auffällt, darf nicht hinein. Schon gar nicht, wer den Türsteher fragt: „Wie sind die Mädels heute?“ Wer zu betrunken ist, hat naturgemäß ebenfalls ein Problem. Umgekehrt wird geschaut, dass jemand mit Migrationshintergrund oder People of Color wirklich korrekt behandelt werden. Dabei sei es die Kernaufgabe, mit den Gästen zu kommunizieren, sagt Aslan, dem als ehemaligem Lehrer auch das Pädagogische wichtig ist. Wer nicht hineindarf, dem wird genau erklärt, warum. „Gern aber das nächste Mal, mit geändertem Verhalten.“

Sofort hinausbegleitet

Jenen, die hineindürfen, wird schon beim Einlass erklärt, dass sie sich in dem Club wohlfühlen können und „sie kein Arschlochverhalten akzeptieren müssen“. Sollte also jemand durch starrende Blicke, Beleidigungen oder körperliche Übergriffe belästigt werden, dann kann man das sofort melden. Das gilt für jeden Gast – und auch für das Personal im Club. Einmal gemeldet, schreiten die Agentur-Mitarbeiter sofort ein. Mit einer klaren „Zero Tolerance Policy“, sagt Aslan. Das heißt, die auffällige Person wird sofort hinausbegleitet. Wer im Club jemanden trifft, den er nicht sehen mag (etwa den Ex), der kann einen „Angel Shot“ beim Barkeeper bestellen, und dieser hilft, dass der Besteller oder die Bestellerin sicher zum Taxi gebracht wird.

Was für manche vielleicht wie eine Spaßbremse klingt (immerhin gehört dazu, auch selbst sensibel auf andere Gäste zu achten), soll genau das Gegenteil erzeugen. „Das Wichtigste ist, dass die Gäste Spaß haben“, sagt Halle. Und es ist offenbar gefragt: Die Agentur ist mit ihren Diensten in der Pratersauna, im neuen Draußen-Club von den Machern von „Kein Sonntag ohne Techno“, im Black Market, im RRR und auch im Lokal Weberknecht aktiv. Und sie hat ihre eigene Veranstaltungsreihe auf die Beine gestellt. Der Dackelklub findet alle zwei Wochen im Fluc statt und ist ein After-Work-Event, das die verschiedenen Teilnehmer des Wiener Nachtlebens zusammenbringen will. Seien es Tänzer, DJs, Türsteher, Gastgeber, Köche, Kellner oder Gäste. Heute, 19. Mai, bringen sie etwa David Schreiber, eine Größe in der House-Szene, wieder nach Wien.

Aber was heißt das jetzt genau, wenn Aslan sagt: „Wir wollen die Liebe zurück auf den Dancefloor bringen“? „Liebe ist der Moment, wenn du auf dem Dancefloor stehst, und du schaust in alle Richtungen und alle strahlen, und dir wird vom Herz aus ganz warm im Körper“, sagt Aslan. Und Chiara Lee Halle sagt: „Wenn man sich fallen lassen und genießen kann, während man auf der Tanzfläche ist.“

Veranstaltung

Dackelklub. Der Dackelklub ist ein After-Work-Event der Withthelove-Agency für alle Beteiligten aus dem Wiener Nachtleben. Jeden zweiten Donnerstag im Fluc, ab 20 Uhr.

Infos auf Instagram unter Dackelklub und withthelove_agency.

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