Straches neue Bescheidenheit: „Kein Wunderwuzzi“

Heinz-Christian Strache bekannte sich der Bestechlichkeit nicht schuldig.
Heinz-Christian Strache bekannte sich der Bestechlichkeit nicht schuldig.APA/Helmut Fohringer
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Heinz-Christian Strache wurde als Beschuldigter zum Thema „Postenschacher“ befragt. Es habe keine Deals „Spenden gegen Aufsichtsratsposten“ gegeben, verteidigte sich der Ex-FPÖ-Chef.

Viele glaubten, dass ein Parteichef alles entscheide. Aber das sei nicht so, erklärte Heinz-Christian Strache (52) am Mittwoch vor Gericht. Wer Aufsichtsrat in einem staatlichen Unternehmen wird, entscheide der zuständige Minister. Jedenfalls habe seinerzeit in erster Linie FPÖ-Verkehrsminister Norbert Hofer bestimmt, wer bei der Autobahn-Gesellschaft Asfinag in das Kontrollgremium einziehe. „Ich konnte nur unterstützen, indem ich nachfrage. Meine Unterstützung wird vielleicht da und dort von manchen überbewertet.“

Sollte Strache damit Recht haben, dann ist es vor allem die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die Straches Dienste „überbewertet“. Die WKStA wirft dem Ex-Frontmann der Blauen nämlich Bestechlichkeit vor. Er habe 2018 als Vizekanzler der türkis-blauen Koalition seinem Freund, dem Immobilien-Unternehmer Siegfried Stieglitz, einen Posten als Asfinag-Aufsichtsrat verschafft. Die WKStA geht noch weiter: Strache habe das nicht aus Freundschaft getan und auch nicht weil er das als FPÖ-Chef ganz einfach konnte – sondern aus einem ganz profanen Grund: Es sei ums Geld gegangen.

Verdeckte Parteienfinanzierung

Stieglitz habe 10.000 Euro an den FPÖ-nahen Verein „Austria in Motion“ gezahlt (unauffällig in fünf Tranchen) und dafür – also für „verdeckte Parteienfinanzierung“ – sei der Asfinag-Posten herausgesprungen.
Nein, das stimme nicht. Den von der Anklage aufgrund von sichergestellten Chats angenommenen Deal „Geld gegen Posten“ habe es nie gegeben. Dies beteuerten beide Beschuldigte. Das kam nicht überraschend. Auffällig war hingegen die neue Bescheidenheit des früheren Vizekanzlers. Er sei nur darüber informiert worden, dass Stieglitz bei der Asfinag gelandet sei (der nunmehrige Mitbeschuldigte war vormals übrigens FPÖ-Gemeinderat im oberösterreichischen Steyr, später trat er aus der Partei aus). Im Vorfeld habe er, Strache, den Unternehmer „nur vorschlagen“ können. Und das habe er gerne getan, schließlich sei Stieglitz als Immobilien-Unternehmer in Sachen Straßenbau bewandert gewesen.

Als es dann fix war, dass sein alter Freund („Wir waren auch auf Urlaub in St. Tropez“) den Posten hat, habe er sich gefreut – „ich musste mich für ihn nicht genieren, er war eine geeignete Persönlichkeit“. Und überhaupt: Freundschaften seien etwas Wertvolles. So sprach der Mann, dem die Ibiza-Affäre das politische Ende beschert hatte, zum Gerichtsaal-Publikum: „Heute weiß ich, wie wenig Freunde man hat.“ Doch da sind ja auch noch diese Chats, in denen dann Richterin Mona Zink blätterte (passend zu den violetten Aufschlägen auf ihrem Talar trägt sie eine violette FFP2-Maske). Den Vorwurf, sie reiße etwas aus dem Zusammenhang wollte sie sich nicht einhandeln, daher rief sie Strache immer wieder zum Richtertisch und überließ ihm die Mappe mit den ausgedruckten Chats. Behielt der Beschuldigte die Unterlagen zu lange, bekam er eine rhetorische Frage zu hören: „Kann ich den Akt wiederhaben?“

Verräterische Chats?

Die Chats also, sie sprechen eine andere Sprache: Da ist nicht von vorsichtigem Nachfragen, von unverbindlicher Unterstützung die Rede. Da schrieb Strache etwa, er stelle Stieglitz auch einen Aufsichtsratsposten beim Verbund-Konzern sicher. Die Richterin wunderte sich: Erstens sei der Verbund gar nicht in ein FPÖ-Ressort gefallen und zweitens bedeute doch „sicherstellen“ etwas ganz anderes als etwa „nachfragen“.

Noch dazu muss man wissen, dass Stieglitz außer der Asfinag noch andere Aufsichtsräte im Sinn hatte – daraus wurde aber nichts. Straches Antwort wirkte ein klein wenig wackelig: Er habe ja nur vorschlagen können. Und: „Ich hab' halt meine Unterstützung zugesichert. Wir haben Stieglitz zugesichert, ihn als FPÖ-Kandidaten für den Verbund vorzuschlagen und dass ich mich einsetze. Ich konnte es ja nicht bestimmen. Ich bin ja kein Wunderwuzzi.“

Und wie war das mit der 10.000-Euro-Spende an den FPÖ-nahen Verein? Er habe Stieglitz vorgeschlagen zu spenden („Bitte hilf uns!“). Aber: „Es gab keine Vereinbarung.“ Ein Konnex mit dem Aufsichtsratsposten sei auszuschließen.

Für Freitag ist Ex-Minister Norbert Hofer als Zeuge geladen. Ein zusätzlicher Prozesstag wurde auch schon bestimmt. Es wurde aber nicht der angedachte August-Termin, sondern der 29. Juli. An dem Tag könnte das Urteil ergehen.

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