Italien

Gletscherbruch in Dolomiten: Ermittler schließen Fahrlässigkeit aus

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Der Oberstaatsanwalt sieht keinen Hinweis für eine Fahrlässigkeit. Drei weitere Leichen wurden unterdessen geborgen, zwei Personen gelten noch als vermisst.

Nach der tödlichen Gletscher-Lawine in den Dolomiten schließt der zuständige Oberstaatsanwalt von Trient, Sandro Raimondi, Fahrlässigkeit als Ursache für die Tragödie aus. Der Gletscherbruch sei ein "unvorhersehbares Ereignis gewesen", so Raimondi im Interview mit Rai 3 am Dienstagabend. Dies gehe klar aus den ersten Untersuchungen hervor. Der Staatsanwalt reagierte damit indirekt auf die Vorwürfe einiger Angehöriger der Todesopfer.

Unterdessen sind am Mittwoch drei weitere Tote geborgen worden. Mit Hilfe von Drohnen wurden die Leichen der Alpinisten lokalisiert und geborgen, die alle vermutlich derselben Seilschaft angehört hatten. Damit steigt die Zahl der Todesopfer auf zehn. Zwei Personen gelten noch als vermisst, acht Menschen wurden verletzt.

Da die Lawinengefahr am Sonntag groß gewesen sei, hätte nach Ansicht der Angehörigen der Zugang zum Berg wegen der hohen Temperaturen verboten werden sollen. Bei dem Unglück wurden auch acht Personen verletzt.

Überwachungsgeräte installiert

In der Marmolata-Hütte auf dem Gletscher wurden inzwischen Überwachungsgeräte installiert, mit denen die kleinsten Veränderungen der Gletscherfront - sowohl der abgebrochenen als auch der intakten - erfasst werden können, erklärte der Experte Marco Gaddo. Die von den Instrumenten erfassten Daten werden zur Analyse und Verarbeitung an ein Kontrollzentrum übermittelt.

"Der Gletscherbruch war ein außergewöhnliches, sogar ein einzigartiges Ereignis, was von vielen Experten bestätigt wird. Auf dem Gletscher gab es auch Bergführer und damit Leute, die den Berg bestens kannten", sagte der Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti.

Fahnensignale für Bergsteiger

Die Region denkt aktuell daran Alarmsysteme für Bergsteiger einzuführen. "Rote Fahnen auf den einsturzgefährdeten Gletschern könnten Alpinisten helfen, bewusstere Entscheidungen zu treffen", sagte Fugatti in einem Interview mit der Tageszeitung "La Repubblica" (Mittwochausgabe). Zu dem Thema soll nun auf Expertenberichte gewartet werden. Die Sicherheit habe jedoch Vorrang, meinte der Trentiner Landeshauptmann.

Nach der tödlichen Gletscher-Lawine läuft die Suche nach Vermissten. Ihre Zahl hat sich inzwischen auf fünf verringert, nachdem einige als abgängig gemeldete Personen kontaktiert werden konnten. Die fünf verbleibenden Vermissten sind alle Italiener. Zwei der sieben Toten müssen noch identifiziert werden. Sobald die Lage es erlaube, soll dann auch wieder die Suche mit Rettungseinheiten weitergeführt werden. Dies werde aber voraussichtlich nicht vor Donnerstag möglich sein, derzeit sind laut Fugatti jedoch Drohnen zu diesem Zweck im Einsatz.

Von den Toten wurden bisher vier Italiener identifiziert, darunter ein 52-jähriger Bergführer. Er soll eine der beiden später verschütteten Seilschaften geführt haben. Bei den anderen Todesopfern dürfte es sich um Ausländer handeln, ihre Identität ist jedoch noch nicht bekannt. Die Wahrscheinlichkeit, die Vermissten noch lebend retten zu können, ist laut Rettungseinheiten äußerst gering.

Mehr Voraussicht gefordert

Die italienische Vereinigung der Bergführer fordert nach dem tödlichen Gletschersturz in den Dolomiten mehr Voraussicht bei der Auslastung der Wanderrouten. "Man muss über eine Frequentierung basierend auf Vorsicht und Kenntnis über die Bedingungen auf den Reiserouten nachdenken", sagte die Sprecherin des Guide Alpine Italiane, Sara Sottocornola, der Deutschen Presse-Agentur.

Die Bergführer in den Alpen reagierten bereits seit einiger Zeit auf die Veränderungen in den Gebirgen und suchten nach alternativen Routen. Den Besuch in den Bergen jetzt aufzugeben, sei nicht sinnvoll.

Ein Vorfall wie auf der Marmolata sei sehr selten, und es sei unmöglich, ihn vorherzusagen, erklärte Sottocornola. Das Hochgebirge verändere sich seit mindestens 20 Jahren. Bis vor 30 Jahren sei die Jahreszeit noch sehr zuverlässig gewesen, aber heute sei das nicht mehr so. Jeder Wanderweg müsse im Hinblick auf die Saison und die Wetterbedingungen untersucht werden. "Wenn man weiterhin in die Berge will, muss man die Art, wie man dorthin geht, überdenken, und die Bedingungen dort schon zu Hause vor der Abreise aufmerksam einplanen", sagte Sottocornola.

(APA/dpa)

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