Korruption: Es läuft wie geschmiert

Erfolgsmodell Korruption
Erfolgsmodell Korruption(c) Clemens Fabry
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Die Zahl der Korruptionsfälle steigt laut „Transparency International“ weltweit immer weiter an. Österreich liegt nur im europäischen Mittelfeld. Jeder Elfte hat im Vorjahr Schmiergelder gezahlt.

Wien/Berlin. Kroatiens Ex-Regierungschef Ivo Sanader, eine der Schlüsselfiguren in der Affäre um die Hypo Alpe Adria, hat sich am Donnerstag vermutlich ins Ausland abgesetzt. Eine „Dienstreise“, wie Sanader sagt, die ihn allerdings vor einer U-Haft wegen Korruptionsverdachts schützt – vorerst.
In Österreich jetten Politiker noch nicht ins Ausland, um einer Verhaftung zu entgehen. Eine Geschäftsanbahnung mittels „Überzeugungs-Kuverts“ ist aber auch hierzulande üblich.

Österreicher praktizieren sie um fünf Prozentpunkte öfter als der durchschnittliche EU-Bürger, wie die neueste Studie der Organisation „Transparency International“ ergab.

Im Vorjahr haben neun Prozent der Österreicher Behördenvertretern heimlich ein Kuvert zugesteckt, um Amtsgänge zu beschleunigen. 3,2 Prozent der Befragten halten Parteien für korrupt, 2,6 Prozent die Polizei.

Dass wir mit Platz 15 auf dem ebenfalls von Transparency erstellten Korruptionsindex CPI weltweit recht gut liegen, täuscht nicht über die negative Entwicklung hinweg: 2008 lag Österreich noch auf Platz 12. Immerhin hat sich unser Land im letzten Jahr wieder um einen Platz verbessert und liegt ex aequo mit Deutschland. Es hält aber unverändert 7,9 von zehn Punkten.

Beraterverträge bei Siemens, Gutachten für das Infrastrukturministerium, Lobbying für die ÖBB: Das ist nur die Spitze des Eisbergs an Fällen von vermuteter Bestechung, den die Korruptionsstaatsanwaltschaft (KStA) zum Schmelzen bringen möchte. Täglich flattern in der Behörde mit ihren nur acht Staatsanwälten zig Anzeigen auf den Tisch. Mehrere tausend sind es, seit die KStA Anfang 2009 ihre Arbeit aufgenommen hat.

Haben spektakuläre Fälle wie Immofinanz, Buwog und Hypo Alpe Adria die Aufmerksamkeit geschärft? „Auf jeden Fall ist der Nachholbedarf groß“, meint Oberstaatsanwältin Eva Habicher zur „Presse“. „Während wir im ersten Jahr noch alle Fälle selbst bearbeitet haben, ist das jetzt unmöglich.“ Die weniger spektakulären Causen werden an die örtlichen Staatsanwaltschaften weitergeleitet.

Mit rund 200 Verfahren sind die sieben operativ tätigen Staatsanwälte voll ausgelastet. Deshalb hält Habicher die Superstaatsanwaltschaft für Wirtschafts- und Korruptionsdelikte, die am 1. September 2011 mit 40 Staatsanwälten startet, für „wichtig und zielführend“. Alle Fälle von Wirtschaftskriminalität – Veruntreuung, schwerer Betrug, Untreue und betrügerische Krida – sollen ebenso wie Korruption in allen Formen von nur einer Stelle ermittelt werden. Einzige Voraussetzung: Der angenommene Schaden muss fünf Millionen Euro übersteigsen.

Kein Vertrauen in die Polizei

Transparency International

Dass Afghanistan mit Nigeria, Irak und Indien die Gruppe der korruptesten Länder der Welt bildet, überrascht nicht besonders. Mehr jedoch, dass Europa und Nordamerika anfälliger geworden sind.

Die Liste von Korruptionsfällen ist lang – sie ist in den vergangenen drei Jahren sogar länger geworden. Dieser Ansicht waren zumindest 60 Prozent der mehr als 90.000 Befragten in 86 Staaten – darunter auch Österreich. Am saubersten sind Dänemark, Großbritannien, Norwegen und Neuseeland.

Weltweit hat einer von vier Befragten in den vergangenen zwölf Monaten Schmiergeld bezahlt – meist in den Bereichen Gesundheit und Ausbildung oder für Genehmigungen, um Probleme mit Behörden zu vermeiden. Als besonders korruptionsanfällig gelten auch Parteien: Acht von zehn Befragten halten Politiker für korrupt. Ein Jahr zuvor waren es „nur“ sieben von zehn gewesen. Ein weiteres alarmierendes Signal: Weltweit haben sich die Fälle von Schmiergeldzahlungen an die Polizei seit 2006 verdoppelt. Gleichzeitig ist das Vertrauen in die Regierungen geschrumpft, effektiv gegen Korruption vorzugehen. Ein Hoffnungszeichen: Sieben von zehn Befragten wollen Korruptionsfälle nicht mehr tolerieren – und melden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2010)

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