Oberösterreich

Obduktion von Ärztin Kellermayr: Keine Hinweise auf Fremdeinwirkung

Die oberösterreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr
Die oberösterreichische Ärztin Lisa-Maria KellermayrAPA/HERMANN WAKOLBINGER
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Die Obduktion erfolge auf Wunsch von Angehörigen, am Sachverhalt habe sich nichts geändert, sagte ein Sprecher. Ein vorläufiges Ergebnis liegt bereits vor. Kanzler Nehammer sprach Angehörigen sein Mitgefühl aus.

Die Leiche der oberösterreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr, die sich in der Vorwoche nach anhaltenden Hassnachrichten und Morddrohungen aus der Impfgegner-Szene das Leben genommen hat, wird nun doch obduziert. Die Staatsanwaltschaft Wels bestätigte am Mittwoch einen entsprechenden Bericht von "krone.at". Die Obduktion erfolge auf Wunsch von Angehörigen, am Sachverhalt habe sich nichts geändert, sagte ein Sprecher.

Einem vorläufigen Ergebnis zufolge dürfte es zu keiner Fremdeinwirkung gekommen sein. „Insbesondere sind keine Hinweise auf eine Einwirkung von Dritter Hand zu Tage getreten“, heißt es dazu in einem Schreiben der Staatsanwaltschaft Wels.

Die toxikologischen Analysen und das damit verbundene abschließende schriftliche Gutachten würden noch länger andauern. An der Verdachtslage habe sich nichts verändert. Man gehe weiterhin von Suizid aus. Es gebe keine neuen Hinweise oder Erkenntnisse, die anderes nahelegen würden, so die Staatsanwaltschaft.

Dass sich strafrechtliche Ermittlungen wie im Fall von Kellermayr derart schwierig gestalten, soll bald der Vergangenheit angehören - hofft das Justizministerium. So soll die E-Evidence-Verordnung, die gerade finalisiert werde, die nationalen Regelwerke ergänzen.

"Damit soll ermöglicht werden, dass die österreichischen Staatsanwaltschaften direkt bei Dienstanbietern Auskünfte über Teilnehmer-, Zugangs-, Verkehrs- oder Inhaltsdaten einholen können, ohne zuvor um Rechtshilfe bei einer Behörde im Ausland ansuchen zu müssen", teilte ein Sprecher am Mittwoch mit. Das könnte auch die Ermittlungsarbeiten im Fall der oberösterreichischen Ärztin beschleunigen, "da auch hier Täter aus dem Ausland ihre Hassbotschaften versendet hatten".

Heuer bereits 464 Anzeigen wegen übler Nachrede

Das Maßnahmenpaket gegen "Hass im Netz" ist mit 1. Jänner 2021 in Kraft getreten. Seither können bei den Bezirksgerichten Löschungen von Hass-Nachrichten beantragt und bei den Landesgerichten Verfahren wegen übler Nachrede (§ 111 StGB) bzw. Beleidigung (§ 115 StGB) in die Wege geleitet werden. Die Anzahl dementsprechender Verfahren ist seither stark gestiegen, zeigen Zahlen des Justizministeriums.

Konkret wurden im Jahr 2020 insgesamt 448 Anzeigen wegen übler Nachrede verzeichnet, 34 führten zu Anklagen, 23 zu Verurteilungen. Im Vorjahr waren es dann bereits fast doppelt so viele Anzeigen, nämlich 888. Die Anklagen vervielfachten sich auf 206, 53 Verurteilungen wurden registriert. Im heurigen Jahr schienen bis Ende Juli 464 Anzeigen, 65 Anklagen und 70 Verurteilungen auf. Wegen Beleidigung kam es 2020 zu 874 Anzeigen, davon hatten 258 Anklagen und 133 Verurteilungen zur Folge. Im Vorjahr erhöhten sich die Anzeigen dann sprungartig auf 1.130, bei 251 Anklagen kam es zu 126 Verurteilungen. Im heurigen Jahr wurden bis Ende Juli 576 Anzeigen, 171 Anklagen und 94 Verurteilungen verzeichnet.

Nehammer spricht Angehörigen Mitgefühl aus

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat am Mittwoch den Angehörigen, Freunden sowie Patientinnen und Patienten der verstorbenen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr sein Mitgefühl ausgesprochen. "Wichtig ist, dass die Behörden weiter ermitteln, um jene auszuforschen, die Frau Dr. Kellermayr bedroht haben", betonte er, "Hass im Netz und persönliche Bedrohungen haben keinen Platz in unserer Gesellschaft".

"Es ist schrecklich, wenn ein Mensch aufgrund von Hass und persönlichen Bedrohungen keinen anderen Weg mehr sieht, als seinem Leben ein Ende zu setzen", so der Bundeskanzler weiter. Er begrüßte, dass "nun eine Obduktion stattgefunden hat, um Klarheit über die Umstände ihres Todes zu schaffen".

Es gibt eine Reihe Hilfseinrichtungen und Anlaufstellen für Menschen in akuten Krisensituationen. Unter www.suizid-praevention.gv.at findet man Notrufnummern und Erste Hilfe bei Suizidgedanken.

Telefonische Hilfe gibt es auch bei:

Kriseninterventionszentrum (Mo-Fr 10-17 Uhr): 01/406 95 95, kriseninterventionszentrum.at
Rat und Hilfe bei Suizidgefahr 0810/97 71 55
Psychiatrische Soforthilfe (0-24 Uhr): 01/313 30
Sozialpsychiatrischer Notdienst 01/310 87 79
Telefonseelsorge (0-24 Uhr, kostenlos): 142
Rat auf Draht (0-24 Uhr, für Kinder & Jugendliche): 147
Gesprächs- und Verhaltenstipps: bittelebe.at

Hilfe für Menschen mit Suizidgedanken und Angehörige bietet auch der noch recht junge Verein „Bleib bei uns“. www.bleibbeiuns.at

(APA/Red. )

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