Die Souveränität, die ein Strafgericht haben müsste, um die umstrittenen „Mafia-Vorwürfe" zu prüfen, sucht man in Wiener Neustadt vergeblich.
Der Tierschützer-Prozess in Wiener Neustadt sorgt mittlerweile für kollektives Kopfschütteln. Der eigentliche Prozessgegenstand, nämlich die Frage, ob 13 Tierschützer als Mitglieder einer kriminellen Organisation einzustufen sind, ist selbst für versierte Beobachter kaum mehr auszumachen.
Seit Dutzenden Verhandlungstagen verliert sich die Richterin in einem zermürbenden Kleinkrieg mit Angeklagten und Verteidigern. Pausenloses Zitieren der Strafprozessordnung drängt das Erforschen der Anklage-Vorwürfe in den Hintergrund (wobei mittlerweile auch der Staatsanwalt durch gepflegte Passivität auffällt). Praktisch jede Verteidiger-Frage an die Zeugen wird von der Richterin gefiltert, „auf Relevanz geprüft" und oft auch umformuliert. Rechtsgelehrte, wie etwa Staatsrechtler Bernd-Christian Funk, sitzen bereits als Beobachter im Saal. Ob das Gericht den Tierschützer-Test besteht, ist fraglich.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2010)