Nach wilden Schusswechseln pfiff Moqtada al-Sadr seine Anhänger wieder zurück aus der grünen Zone in Bagdad. Doch der schiitische Prediger zeigte, dass er notfalls auch Waffengewalt gegen seine pro-iranischen Widersacher einsetzt.
Viel fehlte nicht mehr, und der Irak wäre in einen blutigen inner-schiitischen Bürgerkrieg abgedriftet. Doch der einflussreiche Prediger und Politiker Moqtada Sadr bewies einmal mehr, dass er seine Kohorten wie ein Lichtschalter aus- und einschalten kann. Nachdem sich seine Gefolgsleute 24 Stunden lang wilde Schusswechsel mit pro-iranischen Milizen und den offiziellen Sicherheitskräften mitten in der eigentlich schwer bewachten Sicherheitszone in Bagdad geliefert hatten, rief der 48jährige Heißsporn am Dienstag seine Anhänger auf, innerhalb einer Stunde die Gewalt zu beenden und sich zurückzuziehen.
In weniger als 60 Minuten räumten sie friedlich die Grüne Zone, den Ort des Regierungspalast, des Parlaments, der UN-Büros und der meisten ausländischen Botschaften, den sie zuvor die ganze Nacht durch in ein Schlachtfeld verwandelt hatten. Mindestens 30 Menschen waren ums Leben gekommen. Auch in anderen schiitischen Teilen im Süden des Landes war es zwischen Sadristen und pro-iranischen Milizen zu Auseinandersetzungen gekommen.
Pattsituation seit der Wahl
Es war ein Zusammenstoß, der sich seit Monaten zusammengebraut hatte. Seinen Ausgang nahm der der Konflikt im Oktober bei den Parlamentswahlen. Die Partei Moqtada Sadrs hatte dabei die meisten Stimmen erhalten, aber nicht genug, um eine Regierungskoalition ohne die pro-iranische Konkurrenz zu bilden. Dazu muss man wissen, dass die schiitischen Parteien zusammen über eine absolute Mehrheit im Parlament verfügen und letztlich die irakische Politik bestimmen.
Nachdem die Verhandlungen um eine neue Regierung ins Nichts geführt und ohne einen inner-schiitischer Kuhhandel geendet hatten, zog Sadr im August seine Abgeordneten ab, forderte eine Auflösung des Parlaments und Neuwahlen. Seitdem herrschte eine Pattsituation, die das ganze Land lähmte, bis Sadr, der Sohn eines legendären Geistlichen und Gegners von Ex-Diktator Saddam Hussein, am Montag seine Anhänger von der Leine ließ.
Das Ganze ist eine rein innerschiitische Auseinandersetzung. Sunniten und Kurden sind hier nur Zaungäste. Im Kern geht es darum, wer die Schiiten des Landes, die die Mehrheit der Bevölkerung stellen, politisch dominiert.