Vorwürfe gegen Filmemacher

Ulrich-Seidl-Dreh: Behörden in Rumänien ermitteln wieder

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Schon während der Dreharbeiten zu „Sparta“ ermittelte die Polizei, stellte die Ermittlungen dann aber ein. Nun - nach Vorwürfen, wonach Ulrich Seidl Kinderdarsteller ausgebeutet habe - wird die Akte wieder geöffnet, berichten rumänische Medien.

Die Vorwürfe gegen den österreichischen Regisseur Ulrich Seidl ziehen weitere Konsequenzen nach sich: Rumänischen Medien zufolge wird nun wieder zu den Vorkommnissen bei den Dreharbeiten in Satu Mare im Jahr 2019 ermittelt. Für seinen Film „Sparta“ soll Seidl dort minderjährige Laiendarsteller ausgebeutet und zu unangenehmen Szenen gedrängt haben, berichtete der „Spiegel“.

Dem Artikel zufolge habe die Kriminalpolizei damals auch Ermittlungen eingeleitet – wegen „verschiedener Gewalttaten“ –, diese aber im Februar 2022 wieder eingestellt, nachdem Befragungen keine Ergebnisse zutage gefördert hatten. Sechs Minderjährige hatten ausgesagt, während des Filmdrehs weder verbal noch körperlich oder sexuell belästigt worden zu sein. Nun hätten Ermittler die Akte wieder geöffnet, berichtet u. a. der Fernsehsender „Antena 1“. Die Polizei von Satu Mare erklärte, dass sie zusammen mit der Staatsanwaltschaft DIICOT Ermittlungen durchführe. Laut „Pro TV“ sei auch die Kinderschutzbehörde aktiv geworden.

Fördergeber prüfen den Fall

In Österreich will das Österreichische Filminstitut, das den Film gefördert hat, die Vorwürfe prüfen. Unterlagen werden eingesehen, Seidl sei aufgefordert worden, dem ÖFI Dokumente wie Verträge und Zustimmungserklärungen auszuhändigen. Konsequenzen könnten jedenfalls bis zur vollständigen Rückzahlung der Fördersummen reichen - für die beiden Geschwisterfilme "Rimini" und "Sparta" habe es u.a. 1,3 Millionen Euro vom ÖFI und 675.000 Euro vom ORF gegeben.

„Sparta“ soll am Freitag beim Filmfestival von Toronto uraufgeführt werden. Danach läuft er im Wettbewerb in San Sebastián – das Festival will an der Vorführung des Werks festhalten. Man bewerte Festivalbeiträge ausschließlich nach Interesse und
Qualität und sei nicht in der Lage zu beurteilen, wie ein Film
gedreht wurde und ob es während der Dreharbeiten zu Vergehen kam,
antwortete die Festivalleitung auf Anfrage der APA. "Wenn jemand
Beweise für ein Verbrechen hat, sollte er dies der Justiz melden.
Nur ein Gerichtsbeschluss könnte dazu führen, dass wir eine geplante
Vorführung aussetzen", hieß es weiter.

Seidl weist Vorwürfe zurück

Die im „Spiegel“ genannten Vorwürfe wiegen schwer: Die Eltern der minderjährigen Darsteller seien nicht korrekt über die
Filmthematik Pädophilie informiert worden. Die Kinder seien zudem ohne angemessene Betreuung mit Nacktheit, Alkoholismus und Gewalt konfrontiert worden. Auch sei Eltern der Zutritt zum Set verweigert worden. Kinder hätten mit erwachsenen Darstellern unangenehme Szenen drehen müssen. In Rumänien vorgeschriebene Auflagen zum Dreh mit Kindern - wie etwa die Zustimmung von Kinderärzten und Psychologen - seien nicht eingehalten worden. 

Ulrich Seidl wies die Vorwürfe zurück: Der Artikel zeichne ein „in keiner Weise den Tatsachen entsprechenden Zerrbild"."Ich habe größten Respekt vor allen Darsteller*innen und niemals würde ich Entscheidungen treffen, die ihr körperliches und seelisches Wohlbefinden in irgendeiner Art und Weise gefährden", erklärte der österreichische Erfolgsregisseur, der rechtliche Schritte einleiten möchte.

"Sparta" handelt vom Mittvierziger Ewald (Georg Friedrich), der nach der Trennung von seiner Freundin in der rumänischen Einöde einen Neuanfang wagt. Dort baut er mit Dorfburschen aus der Umgebung ein verfallenes Schulgebäude auf und muss sich einer lange verdrängten Wahrheit stellen.

(kanu/APA)

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