Mängel

Sigmund-Freud-Privatuni könnte Zulassung für Medizinstudium verlieren

Es gebe zu wenig Personal, und eine adäquate Forschungsleistung sei bei 120 Quadratmetern Laborfläche, die zusätzlich für die Lehre genutzt werden, nicht möglich, so die Kritik.
Es gebe zu wenig Personal, und eine adäquate Forschungsleistung sei bei 120 Quadratmetern Laborfläche, die zusätzlich für die Lehre genutzt werden, nicht möglich, so die Kritik.Die Presse
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Ein Gutachten ergibt große Abweichungen von national und international üblichen Standards bei Personal, Forschung und Infrastruktur. Die endgültige Entscheidung fällt voraussichtlich Mitte November.

Seit 2015/16 bietet die Wiener Sigmund-Freud-Privatuniversität (SFU) auch Medizin-Studien an. Dem Masterstudiengang Humanmedizin könnte allerdings bald das Aus drohen. In einem Gutachten für die Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria), das mehreren Medien zugespielt wurde und das auch der APA vorliegt, wird empfohlen, die Akkreditierung wegen Qualitätsmängeln zu widerrufen. Die endgültige Entscheidung fällt voraussichtlich Mitte November.

Über die gesamte SFU (sie bietet neben Medizin auch Psychologie, Psychotherapiewissenschaft und Jus an) orten die Gutachterinnen und Gutachter zahlreiche Abweichungen von den geforderten Standards für Entwicklungsplan und Qualitätsmanagement. Sie empfehlen dem Board der AQ Austria für eine Reakkreditierung der Privatuniversität 51 Auflagen. Die Akkreditierung solle außerdem nur für sechs und nicht wie beantragt für zwölf Jahre verlängert werden. Eine hohe Zahl an Auflagen gibt es dabei auch für die Fakultät für Psychotherapiewissenschaft und Psychologie, mit der die Uni 2005 begonnen hatte. Dort orten die Gutachter u.a. Schwächen beim Personal.

„Große Abweichungen von den Standards"

Beim Masterstudium Medizin schätzen die Gutachter die Mängel in ihrem Bericht sogar als "nicht behebbar" ein und empfehlen deshalb, die Akkreditierung für dieses Studium zu widerrufen. Grund sind "große Abweichungen von national und international üblichen Standards": Es gebe zu wenig Personal, und eine adäquate Forschungsleistung sei bei 120 Quadratmetern Laborfläche, die zusätzlich für die Lehre genutzt werden, nicht möglich.

Noch dazu haben die Gutachter "erhebliche Bedenken" bei den Studienplänen: Durch das Fehlen eines eigenen Uni-Klinikums gebe es zu spät und zu wenig klinischen Unterricht, wegen der Vielzahl kooperierender Kliniken sei ein einheitlicher Ausbildungsstandard "kaum zu erreichen". Zwar trauen die Gutachter der SFU grundsätzlich zu, einen guten Humanmedizin-Studiengang anzubieten - eine Behebung der vielen Mängel sei innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von zwei Jahren aber nicht möglich. Die Uni solle sich Zeit nehmen, um ihr grundsätzliches Konzept zu überdenken.

Die SFU hat noch bis Anfang Oktober Zeit, zum Gutachten Stellung zu nehmen. "Wir werden alle Fragen zufriedenstellend beantworten", betont SFU-Rektor Alfred Pritz. Bei einer Sitzung im November könnte dann das Board der AQ Austria seine Entscheidung treffen, ob bzw. unter welchen Auflagen die Akkreditierung der Privatuni bzw. der einzelnen Studiengänge verlängert wird.

Politische Aufregung in der Steiermark

Die SFU kann die Entscheidung beim Bundesverwaltungsgericht beeinspruchen. Selbst im Falle eines Widerrufs der Akkreditierung dürfen allerdings alle Studierenden ihr Studium noch abschließen.

In der Steiermark sorgt das Gutachten schon jetzt auch für politische Aufregung. Immerhin hat das Land erst im Frühjahr ein neues Stipendien-Programm mit der SFU etabliert: Das Land übernimmt für 60 Studienanfänger der kommenden drei Jahre die Studiengebühren, im Gegenzug arbeiten diese nach ihrem Abschluss verpflichtend zehn Jahre für die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft (KAGes). Neun Mio. Euro investiert der steirische Gesundheitsfonds dafür in Summe. Die ersten Stipendiaten beginnen diesen Herbst ihre Ausbildung - und werden diese auch garantiert an der SFU abschließen können, wird gegenüber der "Kleinen Zeitung" im Büro der zuständigen Landesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) garantiert. Die steirischen Grünen haben bereits angekündigt, das mögliche Aus des Medizin-Masters der SFU im Sonderlandtag am Donnerstag zum Thema zu machen. Die KPÖ hat Bogner-Strauß aufgefordert, die Kooperation schnellstmöglich aufzulösen.

(APA)

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