Schwedens konservativer Parteichef ist auf die rechten Schwedendemokraten angewiesen, um eine Regierung bilden zu können. An diesem Bündnis arbeitete Kristersson seit Jahren, doch nun haben diese sogar seine eigenen Moderaten überholt.
Nach dem Sieg des Rechtsbündnisses bei der Parlamentswahl in Schweden könnte Ulf Kristersson, der Chef der konservativen Moderaten, neuer Regierungschef werden. "Ich beginne jetzt damit, eine neue und starke Regierung zu bilden", sagte Kristersson am Mittwoch in einem auf Facebook veröffentlichten Video - nachdem Ministerpräsidentin Magdalena Andersson ihre Niederlage erklärt hatte. Bis eine neue Regierung steht, wird Andersson eine Übergangsregierung anführen.
Doch dafür benötigt Kristersson für eine Regierungsmehrheit die Unterstützung der rechtsradikalen Schwedendemokraten, die mit 20,6 Prozent der Stimmen als die großen Sieger der Wahl gelten. Dem 58-Jährigen ist es gelungen, die politische Rechte in einem Wahlbündnis zu vereinen - er geht damit aber ein hohes Risiko ein.
Der ehemalige Turner ist oft beim Laufen oder Wandern in der Natur zu beobachten - in Begleitung seines Hundes Winston, der ihm nach seiner Wahlniederlage 2018 geschenkt worden war. Damals schwor er, niemals ein Bündnis mit den nationalistischen und einwanderungsfeindlichen Schwedendemokraten einzugehen. Die von Neonazis mitgegründete Partei wurde jahrelang von den anderen Parlamentsparteien ignoriert. Doch die Zeiten haben sich geändert.
Zusammenarbeit sukzessive verstärkt
2019 ließ Kristersson sich auf Sondierungen mit den Schwedendemokraten ein, seitdem hat sich die Zusammenarbeit verstärkt. Die traditionellen Verbündeten seiner Partei, Christdemokraten und Liberale, konnte Kristersson überzeugen, seinen Weg mitzugehen. Kritiker werfen ihm hingegen den "Ausverkauf" seiner Partei an die Ultrarechten vor.
Kristerssons Rechnung könnte aufgegangen sein. Nach Auszählung fast aller Stimmen kam das oppositionelle Rechtsbündnis auf 176 der 349 Sitze im Parlament. Das von Andersson angeführte Linksbündnis holte demnach nur 173 Sitze - die sozialdemokratische Regierungschefin Andersson kündigte daher ihren Rücktritt an.
Guter Redner und Fan von „Tim und Struppi"
Kristersson, ein Freund von Tim-und-Struppi-Büchern mit einem Abschluss in Wirtschaftswissenschaften, will die großzügigen schwedischen Sozialleistungen begrenzen, um den Anreiz zum Arbeiten zu erhöhen.
Der als guter Redner geltende Parteichef führte einen harten rechten Wahlkampf und versprach, die Kriminalität verstärkt zu bekämpfen und die Einwanderungspolitik auf den Prüfstand zu stellen. Schweden sei ein Land geworden, das nicht mehr normal funktioniere, kritisierte er. Er wolle die "Ordnung wieder herstellen", kündigte er im Wahlkampf an. Auch um eine Senkung der derzeit explodierenden Strompreise wolle er sich kümmern.
Schwedendemokraten stärkste Partei im Bündnis
Doch nachdem die rechtsradikalen Schwedendemokraten seine Moderaten bei der Parlamentswahl überholt haben und mit rund 20 Prozent zweitstärkste Partei wurden, dürften bei Kristersson Zweifel an seiner Strategie aufkommen. Denn 40 Jahre lang galten die Moderaten als zweitstärkste Partei nach den Sozialdemokraten. "Kristersson könnte in die Geschichte eingehen als der Türöffner für die Schwedendemokraten", ätzte die Zeitung "Dagens Nyheter" schon vor der Wahl.
Geboren 1963 im südschwedischen Lund, sammelte Ulf Kristersson schon zu Schulzeiten erste Erfahren in der Politik. Bei den Moderaten kletterte er schnell die Karriereleiter hoch, 1991 zog er als Nachrücker ins Parlament ein, 1994 errang er direkt einen Sitz im Parlament.
Kristersson ist verheiratet und Vater dreier in China adoptierter Töchter. Seine Frau Birgitta Ed beendete ihre Karriere als PR-Frau, als ihr Mann 2017 Parteichef wurde. Sie wurde inzwischen Pfarrerin und will in den Dienst der Kirche treten.
Die Vorstellung der Moderaten von einem Parteichef ist nach Einschätzung des Politikwissenschafters Torbjörn Nilsson mit der eines Firmenchefs vergleichbar. Solange alles gut gehe, könne er bleiben, aber wenn sich das Blatt wende, müsse er gehen.
(APA/AFP)