Beistandspflicht

Offener Brief verlangt von Van der Bellen klare Position zur Neutralität

Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist ein Verfechter der Sanktionen gegen Russland.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist ein Verfechter der Sanktionen gegen Russland.IMAGO/SEPA.Media
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Nur die „Nichtteilnahme am Krieg“ bringe dem Land Sicherheit, sind sich die namhaften Unterstützerinnen und Unterstützer der Initiative „Unsere Neutralität“ sicher. Sie appellieren an den Bundespräsidenten.

Wie weit soll Österreichs Neutralität gehen? In den letzten Monaten hat der Ukraine-Krieg diese Debatte angefacht. Nun hat eine Reihe an Vertreterinnen und Vertreter verschiedenster Bereiche Forderungen an den Bundespräsidenten gestellt: "Wir erwarten vom Bundespräsidenten, allen Versuchen von verschiedenen Parteien und Interessensvertretern oder Militärs, die österreichische Neutralität zu relativieren bzw. sogar aufzuheben, entgegenzutreten“, heißt es in dem Schreiben, das in Form einer Webseite veröffentlicht wurde. Erklärtes Ziel ist die „Verteidigung und Aufrechterhaltung“ der österreichischen Neutralität. Denn dafür seien 90 Prozent der Bevölkerung, so die Begründung.

Der Standpunkt der Fordernden im Ukraine-Krieg ist ebenfalls klar: „Kein Mitmachen bei EU- und oder USA/Nato-Aufrüstung und Kriegsbeteiligung“ heißt es in der Auflistung der Anliegen. Darunter fällt auch, dass Bundespräsident Van der Bellen die Sanktionen gegen Russland als notwendig ansieht. Denn: Man dürfe nicht „auf einem Auge blind sein“. Die „Gefahr“ komme nicht nur aus dem Osten, sondern auch aus dem Westen – etwa in Form des Aufrüstens in Deutschland. Im Gegensatz zu vielen anderen Staaten habe Österreich als neutraler Staat die Möglichkeit, sich „nicht in einen Krieg hineinziehen“ zu lassen.

Bundesheer soll nicht „Leben von Soldaten riskieren"

Wie das aussehen soll, halten die Initiatorinnen und Initiatoren auf der Webseite fest. Der Neutralitätsvorbehalt – also die Befreiung von der Beistandspflicht im Kriegsfall, die in der Neutralität verankert ist – solle schon jetzt zum Einsatz kommen, heißt es dort. Darunter fällt für die Unterstützerinnen und Unterstützer der Forderungen unter anderem die Genehmigung von Waffenlieferungen durch Österreich, von denen in diesem Jahr (Stand August) bereits 433 stattgefunden haben. Zu demselben Thema hatte sich im Vorfeld auch schon Bundespräsidentschaftskandidat Walter Rosenkranz geäußert: Die Transporte würden die Neutralität verletzen, ließ er verlautbaren. Laut Verteidigungsministerin Tanner liegen ihrem Ressort jedenfalls keine Anträge auf Waffenlieferungen mit Ziel in der Ukraine vor.

Konkret heißt das für die Unterstützerinnen und Unterstützer der Initiative: Die „Volksvertreterinnen und -vertreter“ mit dem Bundespräsidenten an der Spitze haben dafür zu sorgen, dass Österreich nicht an Aufrüstungsplänen teilnimmt. Das Bundesheer soll die Neutralität schützen und nicht „im Ausland das Leben österreichischer Soldaten riskieren“. Nur die „Nichtteilnahme am Krieg“ bringe dem Land Sicherheit, heißt es abschließend.

Präsident „immer bemüht“, die Neutralität zu wahren

Die Liste der Erstunterstützerinnen und -unterstützer ist lang. Etliche bekannte Namen aus verschiedensten Bereichen finden sich darunter. Der Schauspieler Erwin Steinhauer ist genauso Teil der Initiative, wie Schriftsteller Franzobel oder die Autorin und Journalistin Chris Lohner. Expertinnen und Experten aus Politik und Wirtschaft, sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Gewerkschaften sind ebenfalls unter den Unterstützenden. Weitere Unterstützungserklärungen können derzeit noch eingebracht werden.

Laut einem Bericht im „Standard“ ist der offene Brief von Van der Bellen mittlerweile schon beantwortet worden. Der Präsident sei immer darum bemüht, die Neutralität zu wahren und sie aktiv auszuleben, habe es vonseiten der Präsidentschaftskanzlei geheißen. Die Antwort reicht den Initiatorinnen und Initiatoren aber nicht aus. Österreich sei in den vergangenen Monaten zu aktiv an der Rüstungspolitik beteiligt gewesen, lassen sie verlautbaren.

(vahe)

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