Die Leiterin des Linzer Strafrechtsintituts bezweifelt, dass die Angeklagten im Wiener Neustädter Prozess gegen 13 Tierschützer "hier einen fairen Prozess erhalten".
Scharfe Kritik am Wiener Neustädter Tierschützer-Prozess und vor allem an der Verhandlungsführung von Richterin Sonja Arleth übt Petra Velten, die Leiterin des Instituts für Strafrechtswesen an der Linzer Johannes-Kepler-Universität. Velten hatte am vergangenen Montag als Zuhörerin an der Verhandlung teilgenommen und dabei den Eindruck der Voreingenommenheit der Richterin gewonnen. "Dass die Angeklagten hier einen fairen Prozess erhalten, kann man kaum mehr haben glauben", stellt Velten fest. Arleth "verfahre" mit den Angeklagten und ihren Verteidigern, als wären diese "Saboteure".
Die "einzige Sorge" der Richterin bestehe darin, die "sachlich vollkommen berechtigte und angemessene Verteidigung zu entschärfen", konstatiert Velten, die ihre Beobachtungen verschriftlicht hat und ihren Entwurf Anfang Jänner im Journal für Strafrecht veröffentlichen will. Darin bezeichnet die Strafrechtsexpertin die von der Rechtsordnung vorgesehene Rolle eines Richters als Verhandlungsleiter und Urteilssprechers grundsätzlich als "in hohem Maße unglücklich", weil diese Doppelfunktion "nicht nur in diesem Verfahren (...) zu inquisitorischem Vorgehen" verleite.
"Durand"-Befragung in der Kritik
Konkret wirft Velten der Tierschützer-Richterin vor, bei der Befragung des polizeilichen Führers der unter dem Pseudonym "Danielle Durand" eingesetzten verdeckten Ermittlerin an keiner zusammenhängenden Darstellung interessiert gewesen zu sein, sondern nur einen eng umgrenzten, teilweise aus bloßen Suggestivfragen bestehenden Fragenkatalog abgearbeitet zu haben. Das Fragerecht der Verteidigung wurde laut Velten sodann von einem "gerichtlichen Störfeuer" beschnitten, indem Fragen nicht zugelassen bzw. von der Richterin umformuliert wurden.
"Die Antworten wurden dem Zeugen zum Teil erspart, zum Teil verboten, zum Teil in den Mund gelegt", skizziert Velten das Vorgehen Arleths, das sie für mit der Strafprozessordnung (StPO) und der Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht vereinbar hält.
(APA)