Der Verantwortliche für die tödlichen Schüsse in Zahedan wurde entlassen. Die Proteste gehen weiter.
Teheran. Im Iran gibt es wegen des brutalen Vorgehens gegen Demonstranten nun erstmals personelle Konsequenzen: In der Großstadt Zahedan im Süden des Landes wurde der Polizeichef entlassen. Vor vier Wochen waren dort 66 Menschen von Sicherheitskräften getötet worden. Dies sei das Ergebnis einer Untersuchung, berichten iranischen Medien. Der Sicherheitsrat der Provinz Sistan-Balutschistan, deren Hauptstadt Zahedan ist, versprach den Angehörigen der Opfer Entschädigungen.
Beobachter sehen die Entlassung des Polizeichefs als Indiz dafür, dass es innerhalb der Führung der Südostprovinz Unstimmigkeiten gibt. Auch ein einflussreicher sunnitischer Geistlicher in Zahedan, Molavi Abdulhamid, kritisierte jüngst den Kurs der politischen Führung in dem mehrheitlich schiitischen Land. Weitere Geistliche in der Region sollen sich seiner Kritik angeschlossen haben.
Am Freitag gab es in Zahedan erneut Zusammenstöße. In weiten Teilen der Großstadt sollen nach dem Freitagsgebet Schüsse gefallen sein, berichteten Augenzeugen. Die Einwohner der Stadt befürchteten viele Todesopfer. In sozialen Medien wurden Videos blutiger Szenen geteilt.
Unterdessen demonstrierten Regierungsanhänger bei staatlich organisierten Kundgebungen nach dem Anschlag vom Mittwoch in der Millionenstadt Schiras. Bei dem Attentat, das die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für sich reklamierte, wurden mindestens 13 Menschen getötet und Dutzende verletzt. Viele Iraner befürchten, dass Sicherheitskräfte nach dem Anschlag noch härter bei Demonstrationen durchgreifen werden. In Mahabad, der Hauptstadt der kurdisch geprägten Provinz West-Aserbaidschan, wurden am Donnerstag bei Protesten drei Personen von der Polizei getötet. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2022)