Wer im Machtzirkel weiterkommen will, muss sich kriegsbegeistert geben. Am extremsten tut dies derzeit Ex-Premier Dmitrij Medwedjew.
Moskau/Wien. Es gibt einen russischen Telegram-Kanal, in dem Boris Johnson als „Freak-Onkel“, EU-Politiker Josep Borrell als „Mann mit dem belämmerten Gesicht“ und polnische Diplomaten als „Degenerierte“ beschimpft werden. Ukrainische Regierungsvertreter sind die „Psychos von Kiew“. Es bleibt nicht bei Beleidigungen. Russische Atomwaffen kämen zur Anwendung, sollte es „notwendig“ sein. Und angesichts von Sabotageaktionen auf russischem Boden, so drohte der Schreiber jüngst, könne die Todesstrafe eingeführt werden. Eben wenn es „nötig“ sei.
Autor dieser kraftmeierischen und militaristischen Zeilen ist niemand Geringerer als Dmitrij Medwedjew, früherer Premier und Präsident. Einst besuchte er Start-ups, verspeiste mit Barack Obama Burger und kündigte die Modernisierung Russlands an. Medwedjew gab sich als Liberaler. Seit Russland den Angriffskrieg auf die Ukraine vom Zaun gebrochen hat, lässt der 57-Jährige eine martialische Äußerung nach der anderen raus. Anstatt im international geprägten (und in Russland offiziell gesperrten) Netzwerk Twitter ist Medwedjew nunmehr im „heimatlichen“ Telegram aktiv. Dort setzt der Vizevorsitzende des russischen Sicherheitsrates zuweilen derart extreme Botschaften ab, dass sogar ultrapatriotische Kriegsblogger und andere Traditionalisten staunen. Medwedjew, so sollen sowohl User als auch Kreml-nahe Kreise verstehen, ist jetzt kriegsbegeisterter Hardliner.