Oliver Rathkolb korrigiert das Bild vom Komponisten Carl Orff im NS-Staat: Dieser war ein passiver Anti-Nazi, er hat sich nie als Widerstandskämpfer ausgegeben.
Carl Orff ein Komponist mit braunen Flecken, der sich mit einer Lüge von seiner Nazi-Vergangenheit reingewaschen hat? Mit dieser Sicht konfrontierte 1994 bei einem Symposion zum Thema „Zur Situation der Musik in Deutschland in den Dreißiger- und Vierzigerjahren“ der in Kanada lehrende deutsche Historiker Michael H. Kater. Die Aufregung war groß.
Katers These fand auch Eingang in sein Standardwerk „The Twisted Muse: Musicians and Their Music in the Third Reich“, auf Deutsch erschienen unter dem Titel „Die missbrauchte Muse. Musiker im Dritten Reich“. Gegenüber dem US-Offizier Newell Jenkins, der Ende der 1930er-Jahre sein Schüler war, habe sich Orff mit dem Hinweis, er sei Gründungsmitglied der Widerstandsgruppe Weiße Rose gewesen, in seinem Entnazifizierungsverfahren von jedem Nazi-Verdacht befreit, um nach 1945 berufliche Vorteile zu haben. So Kater.