Literatur

Zwei beschädigte Seelen

Wenn Therapeutin und Patien– tin traumatisiert sind: Sophie Reyers „Ein Schrei. Meiner“.

Andrea, eine 34-jährige Architektin, wird während einer Psychotherapie in ihre Kindheit und zu einer verdrängten traumatischen Gewalterfahrung zurückgeführt. Dabei verschlimmert sich ihr Zustand. Sie wird in eine Nervenheilanstalt eingewiesen und findet nicht wieder zurück in ihr Leben, verliert vielmehr gänzlich die Kontrolle darüber. Auch Andreas Therapeutin Linda Maier hat einiges aufzuarbeiten, denn sie war ein außergewöhnlich liebesbedürftiges Kind mit einer überforderten Mutter, deren Mutter wiederum am Alkohol zugrunde ging.

Die Krankengeschichte der Therapiepatientin und die Kindheitserfahrungen der Therapeutin werden in diesem Roman aus zwei Ich-Perspektiven erzählt. Es hätte trotz der Klischees ein spannendes Buch über die seelische Zerstörung durch Gewalt, das Dilemma der hilfsbedürftigen Helfenden und das Aufeinandertreffen zweier beschädigter Seelen im asymmetrischen Machtverhältnis des psychiatrischen Systems werden können. Aber Sophie Reyer fehlen für diesen Stoff die literarischen Mittel. Die beiden Hauptfiguren sind holzschnittartige, platt und aufgrund der sprachlichen Unbeholfenheit manchmal auch unfreiwillig komische Stereotype, die vom Bett zum Bücherschrank „streichen“ und sich selbst „innerlich“ Mut zusprechen.

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