Der Qualitätsverlust im österreichischen Gesundheitssystem ist nicht mehr zu leugnen. Was kann man kurz- und langfristig dagegen machen? Und: Welche Erfahrungen haben Sie persönlich gemacht?
Operationen werden verschoben, Patienten früh entlassen, Betten gesperrt: Die Rückkehr der Grippe und grippaler Infekte sowie die anhaltende Personalknappheit haben in ganz Österreich, vor allem aber in Wien einen relevanten Qualitätsverlust in der Versorgung der Bevölkerung zur Folge. „Der Regelbetrieb kann in den meisten Spitälern schon lang nicht mehr eingehalten werden", schreibt Köksal Baltaci in einem Bericht zu einem internen Schreiben, das für Aufregung sorgte. Denn die ärztlichen Direktoren in Wien wurden aufgefordert, keine sogenannten „Gastpatienten" aus anderen Bundesländern mehr zu behandeln - sofern es keine akuten Fälle sind.
Immerhin beträgt der Anteil von Gastpatienten in Wien durchschnittlich rund 20 Prozent. Über die umstrittene Anweisung des Wiener Gesundheitsverbunds ist mittlerweile auch ein Rechtsstreit entbrannt. Mehr dazu lesen Sie hier.
Ernst Wolner, ehemaliger Klinikvorstand am AKH Wien, schrieb bereits im Herbst in einem Gastkommentar zur Debatte um die Wiener Krankenhäuser: „Die aufgeblähten Verwaltungen der Spitäler werden angesichts des Personalmangels bald nichts mehr zu verwalten haben“. Er sieht einen Grund für die Krise im aufgeblähten Verwaltungsapparat. Denn dies fresse nicht nur Zeit, so werde die Arbeit auch zunehmend unattraktiv.
Der Engpass in den Spitälern ist nicht das einzige Problem im Gesundheitssystem in diesem Winter. So lassen derzeit Nachrichten zu Medikamentenengpässen die Alarmglocken schrillen: Denn Österreich gehen aufgrund von Lieferengpässen die Antibiotika aus.
Schon seit längerem ist außerdem die Mangelversorgung mit Kassen-Ordinationen ein Problem. Nicht nur die Statistik zeigt: Wahlärzte werden mehr, Kassenärzte weniger – vor allem in der Bundeshauptstadt. Mehr über die Folgen lesen Sie hier. Und was ein Wahlarzt dazu sagt, der schon lange auf der Warteliste für einen Kassenplatz steht (den er mittlerweile nicht mehr will), erfahren Sie hier von Lungenfacharzt Gernot Rainer.
»"Gesundheitskompetenz wird in Österreich seit jeher vernachlässigt."«
Lange Wartezeiten in Kassenordinationen, der Personalengpass in Spitälern und Pflegeheimen: all diese Probleme seinen nicht neu, kommentiert Baltaci. Allerdings seien sie durch die Pandemie massiv verschärft worden und die Qualitätsminderung lasse sich nicht mehr leugnen. Baltacis Prognose: sehr ernüchternd. In absehbarer Zeit werde sich wohl nichts an der äußerst angespannten Lage ändern.
Aber: „Vor diesem Hintergrund gewinnt etwas an Bedeutung, das in Österreich seit jeher vernachlässigt wird: Gesundheitskompetenz.“ Was der Autor damit genau meint? Etwa das Wissen darum, wie man das Risiko für Verletzungen und Erkrankungen minimieren kann. (Stichwort: Maske). Oder auch: Das Wissen darum, wenn man eine Ambulanz aufsuchen soll, und wann der Hausarzt die bessere Wahl ist. Es geht also wieder einmal um die viel zitierte Eigenverantwortung. Den gesamten Leitartikel lesen Sie hier: „Frag' nicht, was dein Gesundheitssystem für dich tun kann“.
(sk)
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