Ukraine

Warten auf die große Welle

Kiew will Informationen über russische Großoffensive um den 24. Februar haben.

Die allgemein erwartete Großoffensive der Russen könnte laut ukrainischen Angaben rund um den Jahrestag des russischen Angriffs stattfinden, also am 24. Februar. Es sei „kein Geheimnis“, dass das russische Heer für diese Zeit eine Angriffswelle vorbereite, sagte der Sekretär des Sicherheits- und Verteidigungsrats, Oleksij Danilow.

Die Russen hatten in den vergangenen Wochen im Donbass Erfolge erzielt, darunter die Einnahme der Stadt Soledar, die Verteidiger offenbar auf breiter Front stark geschwächt und zuletzt an der Südfront, also in der Oblast Saporischschja, lokale Vorstöße unternommen. Letztere hatten noch den taktischen Rahmen von Stoßtrupps und Aufklärungsaktionen, wurden allerdings in russischen Medien als größere Offensive verkauft.

Die ukrainische Führung ließ freilich erkennen, dass die Lage im Donbass extrem schwer sei. Zahlreiche Informationen legen nahe, dass die Ukrainer zu einem lokalen bis regionalen Rückzug auf hintere Positionen gezwungen sein könnten. Klare Erkenntnisse über die wahre Lage an der Front sind allerdings unmöglich.

Nach Ansicht des Institute for the Study of War in Washington versucht Moskau, die Ukrainer mit einer Vielzahl von für die eigenen Leute rücksichtslosen Angriffswellen an mehreren Stellen zugleich zu zermürben, um „die Bedingungen für eine entscheidende Offensive“ zu schaffen.

Werben um Südamerika. Deutschlands Kanzler, Olaf Scholz, betonte unterdessen am Samstag vor Beginn einer Reise nach Südamerika, dass der Ukraine-Krieg „keine rein europäische Angelegenheit“ sei. Scholz besucht Argentinien, Brasilien und Chile und wird auch um politische sowie materielle Unterstützung werben. Bei der Abstimmung in der UN-Vollversammlung im März 2022 über die Verurteilung des russischen Angriffs zählten die drei Staaten zu den 141, die mit Ja stimmten. Venezuela war damals abwesend, Bolivien, Kuba, El Salvador, Nicaragua enthielten sich.

Brasiliens neuer Präsident, Lula da Silva (seit 1. Jänner), hatte im Frühjahr vor seiner Wahl den ukrainischen Präsidenten, Wolodymyr Selenskij, indes als mitschuldig am Krieg bezeichnet.

Auf einen Blick

Die Ukrainer stehen im Donbass so unter Druck, dass lokale bis regionale Absetzbewegungen auf rückwärtige Positionen durchaus möglich scheinen. An der Südfront könnte sich russischerseits auch etwas zusammenbrauen. Die Indizien gehen in Richtung einer Großoffensive der Russen dort und im Donbass um den 24. Februar herum, das ist der Jahrestag des russischen Angriffs im Vorjahr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2023)

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