Pizzicato

Die chinesische Friedenstaube

Eine Ballonfahrt, die ist lustig; eine Ballonfahrt, die ist luftig. Hollahi, hollaho: Womöglich haben die Aeronauten im chinesischen Geheimdienst Jules Vernes „In 80 Tagen um die Welt“ gelesen oder gar „Hatschi Bratschis Luftballon“, während sie im Zuge der Pandemie eingesperrt und vom Fernweh geplagt waren.

Raus aus dem „Reich der Mitte“, hinweg über die große Mauer: Das haben sie sich wohl gedacht, als sie einen Versuchsballon über Nordamerika aufsteigen ließen; und gleich einen zweiten über Südamerika, wo sie doch schon dabei waren, den Kontinent von Alaska bis nach Feuerland aus der Stratosphäre zu erkunden und dabei – das versteht sich – nur die Luftströmungen und den „Windchill-Faktor“ zu erforschen. Denn auf „Punxsutawney Phil“, das Murmeltier-Orakel von Pennsylvania, ist kein Verlass. Da sagte es das Ende des Winters voraus, und dann fegte tags darauf ein Orkan von minus 78 Grad über dem Mount Washington in New Hampshire. Was für ein Timing zur Eiszeit zwischen Washington und Peking.

Spionage? Iwo. Die „Wolfskrieger“ im Außenministerium in Peking gaben sich ganz kleinlaut und – passend zum „Jahr des Hasen“ – hasenfüßig. Der weiße Ballon habe doch nur eine zivile, friedliche Mission erfüllt – eine überdimensionierte Friedenstaube eben. Da wurde es dem Weißen Haus dann aber doch zu bunt. (vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.02.2023)

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