Luftraum

US-Militär schießt Flugobjekt an der Grenze zu Kanada ab

Ominöse Flugobjekte über Nordamerika geben den USA und der Welt seit Tagen Rätsel auf - und sorgen zunehmend für Unruhe. Am Bild: Vor rund einer Woche wurde ein mutmaßlich für Spionagezwecke eingesetzter chinesischen Ballon abgeschossen.
Ominöse Flugobjekte über Nordamerika geben den USA und der Welt seit Tagen Rätsel auf - und sorgen zunehmend für Unruhe. Am Bild: Vor rund einer Woche wurde ein mutmaßlich für Spionagezwecke eingesetzter chinesischen Ballon abgeschossen. IMAGO/ZUMA Wire
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Das US-Militär hat ein weiteres fliegendes Objekt vom Himmel geholt - das insgesamt vierte binnen weniger Tage. Diesmal war es ein Flugkörper über dem Huronsee im Bundesstaat Michigan vom Himmel. Woher er kam und was er zum Ziel hatte, ist unklar.

Das US-Militär hat am Sonntag erneut ein Flugobjekt abgeschossen - das dritte binnen drei Tagen. Auf Befehl von Präsident Joe Biden habe ein Kampfflugzeug vom Typ F-16 das Objekt um 14.42 Uhr Ortszeit über dem Huronsee an der US-kanadischen Grenze abgeschossen, teilte Pentagon-Sprecher Patrick Ryder am Sonntag mit. Es sei nicht als "militärische Bedrohung" eingestuft worden, sondern als Sicherheitsrisiko für die zivile Luftfahrt und wegen potenzieller Überwachungsfähigkeit.

Das Objekt sei vermutlich dasselbe, das vor Kurzem über Montana in der Nähe sensibler militärischer Einrichtungen entdeckt worden sei und die Sperrung des US-Luftraums zur Folge gehabt habe. Es schien eine achteckige Struktur zu haben, mit herabhängenden Schnüren, aber ohne erkennbare Nutzlast, sagte ein US-Beamter. Das Objekt sei in einer Höhe von etwa sechs Kilometern unterwegs gewesen. Es war das vierte Flugobjekt, das innerhalb von etwas mehr als einer Woche über Nordamerika abgeschossen wurde.

Dem chinesischen Ballon "nicht sehr ähnlich"

Es sei bei den drei jüngsten Objekten unklar, wie sie in der Luft bleiben oder woher sie kommen, erklärte US-Luftwaffengeneral Glen VanHerck. "Wir nennen sie nicht umsonst Objekte und nicht Ballons." Auf die Frage, ob er Außerirdische ausschließe, sagte VanHerck, er habe noch nichts ausgeschlossen. "Ich überlasse es der Geheimdienstgemeinschaft und der Spionageabwehr, das herauszufinden." Ein Vertreter des Verteidigungsministeriums sagte unter der Bedingung der Anonymität, das Militär habe keine Beweise vorliegen, dass die Objekte von Außerirdischen stammen. Das US-Präsidialamt erklärte, dass die kürzlich abgestürzten Objekte dem chinesischen Ballon "nicht sehr ähnlich" seien.

Der republikanische Kongressabgeordnete Jack Bergmann aus dem Bundesstaat Michigan, in dem sich der See teilweise erstreckt, schrieb auf Twitter, er habe mit dem Verteidigungsministerium Kontakt gehabt wegen Einsätzen in der Region. "Ich begrüße das entschlossene Handeln unserer Kampfpiloten", schrieb er weiter, mahnte aber zugleich: "Das amerikanische Volk verdient weit mehr Antworten, als wir haben."

Ähnlich äußerte sich die demokratische Kongressabgeordnete Elissa Slotkin, ebenfalls aus Michigan. Sie dankte allen Beteiligten für den Einsatz und fügte hinzu: "Wir sind alle daran interessiert, was genau dieses Objekt war und welchen Zweck es erfüllte." Nach ihren Angaben waren an dem Einsatz Piloten der US-Luftwaffe und der Nationalgarde beteiligt.

Mysterium am Himmel über Nordamerika

Mysteriöse Flugobjekte über Nordamerika geben den USA und der Welt seit Tagen Rätsel auf. US-Kampfjets hatten bereits am Freitag und Samstag zwei nicht näher identifizierte Flugobjekte abgeschossen: eines vor der Küste des US-Bundesstaats Alaska, das andere über dem Norden Kanadas. Bisher ist unklar, um was für Objekte genau es sich handelte, woher sie kamen und welches Ziel sie verfolgten. Die Bergung von Überresten der Flugobjekte soll Aufschluss geben. "Bergungsteams sind am Boden und versuchen, das Objekt zu finden", sagte der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau. Die Sicherheit der Bürger habe oberste Priorität. Deshalb sei das Objekt abgeschossen worden. Es habe eine Gefahr für zivile Flugzeuge dargestellt.

Die Vorfälle erinnerten an einen mutmaßlich für Spionagezwecke eingesetzten chinesischen Ballon, den die US-Luftwaffe eine Woche zuvor vor der Küste des Bundesstaates South Carolina vom Himmel geholt hatte. Der Vorfall hatte diplomatische Konsequenzen: US-Außenminister Antony Blinken hatte eine China-Reise nur wenige Stunden vor der Abreise abgesagt.

Spannungen in den bilateralen Beziehungen

Die US-Regierung wirft China vor, es habe mit dem Beobachtungsballon Militäreinrichtungen ausspionieren wollen. Peking sprach dagegen von einem zivilen Forschungsballon, der vom Kurs abgekommen sei, und bezeichnete den Abschuss als "Überreaktion". Der Vorfall sorgte für weitere Spannungen im ohnehin belasteten Verhältnis beider Länder - auch weil die USA China beschuldigen, mit Ballons dieser Art ein großes internationales Überwachungsprogramm zu betreiben, mit dem sie mehr als 40 Länder auf fünf Kontinenten ins Visier genommen hätten.

Die Flugobjekte über Alaska und Kanada waren nach offiziellen Angaben in rund zwölf Kilometern Höhe unterwegs. Beide sollen unbemannt gewesen sein und eine "zylindrische Form" gehabt haben. Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, sagte am Sonntag dem Sender ABC unter Berufung auf den Nationalen Sicherheitsrat, derzeit gehe man davon aus, dass die beiden am Freitag und Samstag abgeschossenen Objekte ebenfalls Ballons seien, "aber viel kleiner als der erste", der aus China kam.

Das Fehlen an belastbaren Informationen zu Herkunft und Hintergrund der Flugobjekte gibt Raum für Mutmaßungen aller Art. Der demokratische Abgeordnete Jim Himes sagte am Sonntag dem Sender NBC, in sozialen Medien werde wild über eine Invasion von Aliens oder weitere Aktionen der Chinesen spekuliert. Das sei nicht hilfreich. Auch Himes forderte, es müssten dringend mehr Informationen her.

(APA/dpa/Reuters)

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