Vor einem Jahr sorgte Will Smith mit einer Attacke gegen Moderator Chris Rock für den vielleicht größten Skandal der Oscar-Geschichte. Es war auch heuer das alles bestimmende Thema. Der Auftritt eines Esels konnte davon nicht ablenken.
Es war vielleicht vorauszusehen, aber dann doch überraschend, wie sehr Will Smiths „Slap“ gegen Moderator Chris Rock bei der Oscar-Gala des Vorjahres seinen Schatten über die diesjährige Veranstaltung warf. Damals war Smith, der sich von einer Äußerung Rocks beleidigt fühlte, auf die Bühne gestürmt und hatte Rock einen Schlag verpasst.
Der diesjährige Moderator Jimmy Kimmel stellte nun gleich zu Beginn der Gala im Dolby Theatre in Los Angeles klar: „Wir wollen, dass Sie Spaß haben. Wir wollen, dass Sie sich sicher fühlen. Aber am Wichtigsten: wir wollen, dass ich mich sicher fühle.“ Es gebe daher eine strikte Sicherheitspolitik bei den heurigen Oscars, scherzte Kimmel weiter. „Sollte irgendjemand in diesem Theater zu irgendeinem Zeitpunkt einen Akt der Gewalt vollziehen, werden Sie mit dem Oscar als bester Schauspieler ausgezeichnet und Ihnen wird eine 18-minütige Dankesrede erlaubt.“
„Everything Everywhere All at Once“ räumt bei der 95. Oscar-Gala groß ab. Die mitreißende Mischung aus Sci-Fi-Spektakel, Migrationsdrama und wilder Sketch-Comedy wurde als bester Film ausgezeichnet. (c) APA/AFP/PATRICK T. FALLON (PATRICK T. FALLON)
Michelle Yeoh überzeugte in "Everything Everywhere All at Once". (c) REUTERS (MARIO ANZUONI)
Brendan Fraser gewann den Oscar für seine Rolle in Darren Aronofskys berührendem Film über einen verzweifelten Vater in „The Whale“. Fraser, der einen sogenannten „Fatsuit“ trug, war in seiner Rolle kaum zu erkennen. (c) APA/AFP/FREDERIC J. BROWN (FREDERIC J. BROWN)
Jamie Lee Curtis in "Everything Everywhere All at Once". (c) APA/AFP/PATRICK T. FALLON (PATRICK T. FALLON)
Ke Huy Quan in - erneut - "Everything Everywhere All at Once". (c) APA/AFP/FREDERIC J. BROWN (FREDERIC J. BROWN)
Auf insgesamt vier Oscars kam "Im Westen nichts Neues". Regisseur Edward Berger dankte in seiner Rede ausdrücklich dem Österreicher Felix Kammerer - ohne ihn würden sie alle nun nicht hier stehen, lobte er den Burgtheater-Schauspieler für die Performance in seinem ersten Filmprojekt. (c) APA/AFP/PATRICK T. FALLON (PATRICK T. FALLON)
James Friend bekam den Kamera-Oscar für "Im Westen nichts Neues". (c) APA/AFP/PATRICK T. FALLON (PATRICK T. FALLON)
Guillermo del Toro wurde für Pinocchio ausgezeichnet. (c) via REUTERS (A.M.P.A.S)
Als bester Dokumentarfilm wurde Daniel Rohers „Navalny“, geehrt. Im Bild: Regisseur Daniel Roher und Produzentin Odessa Rae. (c) IMAGO/UPI Photo (IMAGO/JOHN ANGELILLO)
Oscars: Die Sieger des Abends
In Anspielung darauf, dass das Publikum im Vorjahr Will Smith zu seiner Dankesrede nach dem Eklat applaudierte, fügte er hinzu. „Sollte doch etwas Unvorhergesehenes oder Gewalttätiges geschehen, tun Sie einfach, was Sie letztes Jahr getan haben - nichts. Vielleicht geben Sie dem Angreifer sogar eine Umarmung“.
Das von den Oscar-Verantwortlichen eigens engagierte Krisen-Team (wie auch immer dessen Mission wohl ausgesehen haben mag) sollte auf keinen Fall zum Einsatz kommen. Kimmel fantasierte jedenfalls davon, dass jeder Angreifer erst einmal an der Security vorbeikommen müsse. Im Publikum säßen Superhelden und harte Kerle wie „The Mandalorian“, die Boxer aus „Creed“, die kampferprobte Michelle Yeoh aus „Everything Everywhere All at Once“ sowie Spiderman oder „Fable-man“ Steven Spielberg.
Ein Esel auf der Oscar-Bühne
Kimmel arbeitete sich vorsichtig an Witzen ab, die auf keinen Fall in den Verdacht geraten sollten, irgendjemanden zu beleidigen. Bis auf die „Babylon“-Produzenten vielleicht, deren Film an den Kinokassen floppte: Es gebe Dinge, die Filme können, das Fernsehen aber nicht: Zum Beispiel könne eine TV-Sendung nicht 100 Millionen Dollar versenken. „Ist das Team von Babylon heute hier?“, fragte er in den Saal.
Eine weitere Auswahl seiner Sager: „Das vergangene Jahr war eines der Diversität und Inklusion. Wir haben Nominierte von jedem Winkel in Dublin“, spielte er auf den Nominierungsreigen irischer Schauspieler („The Banshees of Inisherin“) an. Hollywood gingen die Ideen aus, hieß es an anderer Stelle. Die zehn erfolgreichsten Filme des Jahres seien Sequels oder Franchises. Sogar Steven Spielberg müsse Filme über Steven Spielberg drehen. Warum „Avatar“-Regisseur James Cameron nicht nominiert worden sei? „Was dachten sie, was er ist – eine Frau?“
Besonders auffallend war in der Oscarnacht die Menge an weißen (und hellen) Kleidern, passend zum nicht mehr roten, sondern champagnerfarbenen Teppich. Und passend zur aktuellen #VanillaGirl-Ästhetik, die auf TikTok gerade die Runde macht. Sofia Carson trug ein Kleid, von dem wohl auch einige Bräute träumen, von Giambattista Valli. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Dass ein Kleid edgy und glamourös zugleich sein kann, hat Florence Pugh mit ihrer Kleiderwahl bewiesen. Sie bestritt die Oscarnacht in Valentino Couture. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Mindy Kaling, ebenfalls in weiß, trug Vera Wang. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Zwar nicht in weiß, aber in blassgelb kam Kerry Condon. Sie war nominiert für die Kategorie der besten Nebendarstellerin für ihr Leistung im Film "The Banshees for Inisherin". (c) Getty Images (Mike Coppola)
Nach der Super Bowl Halftime Show bespielt Rihanna auch die Oscarnacht. Das tut sie in einem Kleid von Alaïa. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Tems hätte ebenso wie Sofia Carson als Braut durchgehen können (wenn auch als eine sehr extravagante). Ihr bauschiges Kleid entstammt dem ukrainischem Label Lever Couture. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Michelle Yeoh, beste Hauptdarstellerin ("Everything Everywhere All at Once"), kam wie so viele in weiß. Ihr Kleid von Dior ist eine Reminiszenz an die Zwanzigerjahre. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Lady Gaga trug ein Versace-Kleid frisch vom Laufsteg. Erst am Donnerstagabend wurde es in Los Angeles von Gigi Hadid präsentiert und schon hat es einen Auftritt am rot... äh champagnerfarbenen Teppich. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Der Brad Pitt einer neuen Generation, zumindest stiltechnisch. Austin Butler, nominiert in der Kategorie des besten Hauptdarstellers für seine schauspielerische Leistung in "Elvis", kleidete sich klassisch, in Saint Laurent. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Halle Bailey, die bald als Meerjungfrau durch die Kinos schwimmen wird, hatte auch am "roten" Teppich etwas von einer Arielle. Ihr hellblaues, fast ins Türkis gehende Kleid ist von Dolce & Gabbana. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Cate Blanchett, nominiert als beste Hauptdarstellerin für ihre Leistung in "Tár", entschied sich für etwas Blaues von Louis Vuitton. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Ein weißes, schimmerndes Sakko und eine ausgestellte Hose à la Siebzigerjahre (beides von Gucci) trug Paul Mescal. Er ist nominiert als bester Hauptdarsteller ("Aftersun"). (c) Getty Images (Mike Coppola)
Angela Bassett, nominiert für die beste Nebendarstellerin ("Black Panther: Wakanda Forever), in einem lila Kleid von Moschino. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Ke Huy Quan, bester Nebendarsteller ("Everything Everywhere All at Once"), nahm ganz gerührt und in klassischem Look von Giorgio Armani seinen Oscar entgegen. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Jamie Lee Curtis wurde als beste Nebendarstellerin ausgezeichnet, für ebendiesen Film. Gefeiert hat sie in Dolce & Gabbana. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Halle Berry ebenfalls in weiß, mit glitzernden Rosen und neuer Frisur. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Vanessa Hudgens trug ein trägerloses Kleid von Chanel, schlicht und in schwarz-weiß gehalten. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Emily Blunt in, genau, weiß. Schulterfrei mit langen Ärmeln von Valentino. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Ana de Armas, nominiert für die Kategorie der besten Hauptdarstellerin ("Blonde") fiel selbst am champagnerfarbenen Teppich nicht aus ihrer Rolle wie es scheint. Ihr Look von Louis Vuitton hatte etwas von Marilyn Monroes Ästhetik. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Farbe! Einige Prominente trauten sich trotz dezenter Teppichfarbe über etwas Buntes. So etwa Stephanie Hsu. Ihr pinkes Kleid ist Valentino Couture. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Für ihre Kostüme in "Black Panther: Wakanda Forever" wurde Ruth E. Carter ausgezeichnet. Sie selbst kam in gelbem Kleid von Valentino, komplettiert wurde der Look von ihren pinken High Heels. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Es war eine der wenigen Nächte, in denen man nahezu auffiel, wenn man Schwarz trug. Danai Gurira in einer Robe von Jason Wu. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Sandra Oh sorgte wie Stephanie Hsu für einen der seltenen Farbtupfer am hellen Teppich. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Lenny Kravitz stets in rockigem Look - oben ohne, dafür mit einer Menge Halsschmuck. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Zurück zu weiß: Zoe Saldana in Fendi Couture. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Cara Delevingne sorgte dafür, dass Rot nicht ganz von den Oscars verschwindet. Mit einem asymmetrischen Custom Design von Elie Saab. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Nach Rot kommt, klar, weiß: Ariana DeBose trug ein Versace-Kleid mit schlimmernden Details. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Auch Eva Longoria trug die Farbe der Nacht, auch ihr Kleid war mit Steinchen geschmückt. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Nicht in weiß, dafür in hellem Rosaton kam Allison Williams. Die Robe ist von Giambattista Valli. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Auch rosa, mit schwarzer Schleppe: Hong Chau trug Prada. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Zudem schienen Pailletten und Glitzerndes sehr beliebt. Malala Yousafzai in einem Kleid von Ralph Lauren. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Funkelnd, aber in Farbe gab sich Salma Hayek auf den Teppich der Oscars. (c) Getty Images (Mike Coppola)
In einem glitzernden, schwarzen Neckholder-Kleid, trat Elizabeth Olsen vor die Kameras. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Mehr Glitzer. Lauren Ridloff in einer Robe von Elie Saab. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Winnie Harlow in Farbe mit schwarzem Detail, von Giorgio Armani. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Harvey Guillen war einer der Männer des Abends, die Konventionelles zumindest stückweise hinter sich ließen. (c) Getty Images (Mike Coppola)
In ungewöhnlicher Farbkombination zeigte sich in der Oscarnacht Monica Barbaro. Eine Robe von Elie Saab. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Nischelle Turner reiht sich ein in die bereits lange Serie von weißen Kleidern. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Auch die Herren funkelten. So etwa Lorenzo Zurzolo in Gucci. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Ashley Graham kam in einem transparenten Dreiteiler von Alberta Ferretti. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Für Farbe und Glitzer entschied sich Fan Bingbing. Die exaltierte Robe ist Tony Wars Couture. (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Jessica Chastain schillerte in Gucci, mit schwarzer Schleppe. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Ein schimmerndes Sakko trug auch Samuel L. Jackson. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Und noch jemand funkelte am "roten" Teppich: Nicole Kidman in Giorgio Armani. Die großen Blüten erinnern, wie Michelle Yeohs Kleid, an die Zwanzigerjahre. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Schimmernd und gar rosa war das Sakko von Dwayne Johnson aka "The Rock". (c) Getty Images (Mike Coppola)
Klassischer Look, drollige Pose: Bill Nighy gibt sich wie immer - mit blauer Schleife aus Solidarität für geflüchtete Menschen. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Noch mehr Steinchen und Pailletten brachte Kate Hudson mit sich. Ihr schulterfreies Kleid ist von Louis Vuitton. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Andie MacDowell weiß, wie schlichte Eleganz funktioniert. Sie kam in simplem, schwarzem Kleid. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Ein letztes Mal Knalleffekt: Janelle Monáe Zweiteiler in Schwarz und Orange war ein Custom Design von Vera Wang. (c) Getty Images (Mike Coppola)
Ebenfalls weiß trug Brian Tyree Henry. Er war nominiert als bester Nebendarsteller für seine Leistung im Film "Causeway". (evdin) (c) Getty Images (Arturo Holmes)
Oscars in Vanille - Von den Looks bis zum Teppich
Als Tribut für „The Banshees of Inisherin“ brachte Kimmel schließlich später einen Esel, bekleidet mit einer Weste, auf der „Emotional Support" zu lesen stand, auf die Bühne. „Das ist Jenny", erklärte er in Anspielung auf den Esel aus „Banshees“ (übrigens nicht die "echte" Jenny, wie die Filmfirma versichern ließ). Der Esel sei nicht nur Schauspielerin, sondern auch ein zertifizierter "Emotional Support"-Esel. Kimmel führte Jenny dann zu den "Banshees"-Darstellern Colin Farrell und Brendan Gleeson, „dessen Finger sie gegessen habe“ (eine weitere Anspielung auf eine berühmte Szene aus dem Film).
Die Oscars im Quotentief
Jetzt vermisse man den „Slap“-Moment vom letzten Jahr, scherzte Kimmel dann irgendwann in der Mitte der Show. Da ging es fast unter, als er darüber witzelte, dass die Oscars heuer starke Konkurrenz hätten. Die letzte Folge der Erfolgsserie „The Last of US“ mit Pedro Pascal, der als Host bei den Oscars tätig war, laufe nahezu parallel.
Es war eine Anspielung darauf, wie bedeutungslos die Gala - was Einschaltquoten betrifft - mittlerweile geworden ist. An das Verschieben eines Sendetermins wegen der Oscars denkt längst niemand mehr. Slap hin oder her.
Mehr ist hier mehr: In „Everything Everywhere All At Once“ geht Michelle Yeoh mit Paralleluniversen auf Tuchfühlung. Eine außergewöhnliche filmische Wundertüte.
Die filmische Wundertüte „Everything Everywhere All at Once“ räumt bei der 95. Oscar-Gala groß ab. Auch das deutsche Kriegsdrama „Im Westen nichts Neues“ gewinnt vier Oscars. Als beste Schauspielerin wird Michelle Yeoh geehrt, als bester Schauspieler Brendan Fraser.