Trendwende

Auch im Dachgeschoß brechen neue Zeiten an

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

„Was kostet die Welt?“ hieß es bisher hoch oben auf den Dächern. Neue Technologien verändern die Dachlandschaft nachhaltig.

Hoch oben auf den Dächern lässt sich eine Trendwende erkennen. Hier galt im Luxussegment lange Zeit das Motto: „Was kostet die Welt? Ich kann's mir leisten!“ Es wurde großzügigst verglast und genauso geheizt und gekühlt. Um den Pool wurde auf der Silvesterterrasse ganz oben gern Tropenholz verlegt, weil alles andere ja schnell splittert. Und die Bepflanzung üppig bewässert, weil es auf dem Dach ja so windig und heiß ist, dass tropische Schönheiten besonders viel Wasser brauchen. Diese Zeiten scheinen nun vorbei zu sein, und das nicht nur, weil man eine andere Umrandung für den Pool auswählt.

Fotovoltaik-Anlagen und Rückkühler: Gestiegene Ansprüche sorgen für mehr technische Details.

Seit die Wärmepumpe als Statussymbol die Küche abgelöst hat, verändert sich auch die Dachlandschaft nachhaltig. Zu den sichtbaren Veränderungen gehört dabei der Einzug der Fotovoltaik-Anlagen, die bei Neubauten mancherorts im Verhältnis zur Nutzfläche sogar vorgeschrieben, aber auch sonst gefragt sind. „Das Dachgeschoß wird zum Teil mit Technik vollgestopft“, sagt Martin Müller, Geschäftsführer von JP Immobilen. „Von den Fotovoltaik-Anlagen über die Rückkühler von Klimaanlagen bis zum internen Lift, der bis nach ganz oben gehen muss, damit die Wohnung barrierefrei ist.“

»"Das Dachgeschoß wird zum Teil mit Technik vollgestopft."«

Martin Müller, Geschäftsführer von JP Immobilen

Auch die gestiegenen Ansprüche sorgen für mehr technische Details ganz oben – und das schon von Anfang an. „Bis vor fünf Jahren hat man es noch den künftigen Eigentümern überlassen, was sie mit ihrer Dachterrasse tun“, erzählt Müller. „Jetzt braucht es viel mehr Vorbereitung für die Infrastruktur.“ Dazu gehöre etwa neben windresistenten Beschattungssystemen und den Anschlüssen für eine Outdoor-Küche heute auch eine Dusche mit Warmwasser, „was gar nicht so einfach durch eine Dachabdeckung möglich ist“, erläutert der Makler.

Potenzielle Käufer wollen klimaneutral wohnen.

»"Denn viel wichtiger sind den Käufern die Terrassen auf der Wohnebene." «

Sonja Kaspar, Leiterin des Bereichs Wohnen bei Otto Immobilien

Elemente, die neben Geld auch Platz kosten, weshalb immer mehr Quadratmeter der Terrasse über den Wohnräumen abgetreten werden müssen. Allerdings werden diese – wie der Name schon sagt – hauptsächlich zu Silvester oder an Pooltagen vermisst. „Denn viel wichtiger sind den Käufern die Terrassen auf der Wohnebene“, weiß Sonja Kaspar, Leiterin des Bereichs Wohnen bei Otto Immobilien, außerdem legen immer mehr persönlich Wert darauf, nachhaltig zu leben. „Heute wollen alle die Umwelt unterstützen und wenn möglich in einem klimaneutralen Haus wohnen“, erzählt die Maklerin.

»"Das war bis vor Kurzem ein Randthema . . ."«

Peter Marschall, Inhaber des gleichnamigen Immobilienunternehmens, über das Thema Nachhaltigkeit.

Das gilt auch für das Dachgeschoß – idealerweise allerdings, ohne auf die Vorteile dieser Wohnform zu verzichten. Zu diesen zählen große Glasflächen. „Hier ist die Nachhaltigkeit schlagartig ein ganz zentrales Thema geworden“, weiß auch Peter Marschall, Inhaber von Marschall Immobilien. „Das war bis vor Kurzem ein Randthema, aber jetzt wird Wert auf sehr hochwertige Gläser gelegt, von denen manche bereits so ausgereift sind, dass es keine Beschattungen mehr braucht“, erklärt der Makler. Diese sind zwar entsprechend teuer, aber Dämmwerte würden inzwischen für die Bewohner der obersten Etagen auch eine entsprechend große Rolle spielen.

Neue Türme: Die Dachterrasse wird zum Allgemeingut  aller Bewohner.

Zumindest für jene, die in bzw. auf revitalisierten Altbauten leben, wo Dachausbauten traditionell bei Weitem am teuersten verkauft werden und daher zu den wichtigsten Einheiten gehören. Bei neuen Türmen lässt sich hingegen auf dem Dach eine andere Entwicklung beobachten: Hier wird die Dachterrasse zum Allgemeingut aller Bewohner – entweder mit einem Pool, dem Gemeinschafts-Gym oder einem Dachgarten, der allen zur Verfügung steht. Was auf den ersten Blick verwundert, da ein Penthouse mit privater Dachterrasse wohl Höchstpreise erzielen könnte. Aber die Kalkulation sieht hier anders aus, wie die Makler vorrechnen. „Das muss man umlegen“, sagt Marschall. „Denn wenn ich durch eine Besonderheit auf dem Dach 200 Wohnungen darunter teurer verkaufen kann, rechnet sich das wieder.“

>> Mehr „Presse"-Artikel:

Wohnen: „Ökologische Must-haves im Dachgeschoß"

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2023)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.