Tausende Menschen sind ohne Strom, Essen und medizinische Versorgung. Eine vereinbarte 24-stündige Waffenruhe dürfte laut mehreren Augenzeugen nicht gehalten haben.
Die für Dienstag geplante 24-stündige Feuerpause im Sudan ist offenbar kurz nach dem vereinbarten Beginn in der Region der Hauptstadt Khartum gebrochen worden. Bewohner sagte der Nachrichtenagentur Reuters am Abend, es werde weiter geschossen. Eine Person berichtete von einem Luftangriff in Omdurman auf der anderen Seite des Nils. Auch in Live-Übertragungen von arabischen Fernsehsendern war im Hintergrund Feuer aus schweren Waffen zu hören.
Eigentlich hatten sich beide Konfliktparteien - der regierende Militärrat und die rivalisierenden Paramilitärs (RSF) - darauf geeinigt, ab 18 Uhr MESZ die Waffen schweigen zu lassen. Bei den seit Samstag andauernden Kämpfen sind bisher nach UNO-Angaben mindestens 185 Menschen getötet und mehr als 1800 verletzt worden. Ausgelöst wurde der Konflikt laut Beobachtern durch einen Streit über die Integration der Rapid Support Forces (RSF) in das Militär als Teil des Übergangs zu einer zivilen Regierung. Die Armee hatte im Oktober 2021 geputscht und regiert seitdem das Land. US-Außenminister Antony Blinken hatte in den vergangenen Tagen zwischen beiden Seiten vermittelt.
Tausende Menschen ohne Strom, Essen und Wasser
Laut UNO sind wegen des anhaltenden Beschusses Tausende Menschen im Sudan in ihren Wohnungen und Häusern gefangen, oft ohne Strom und Essen, Wasser oder Medikamente. Der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, forderte am Dienstag ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen im Sudan. Das Völkerrecht verlange, dass Schulen und Krankenhäuser geschützt werden, sagte Türk in Genf mit.
Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus, erklärte, die Hilfsmittel, die die WHO vor dem Ausbruch der Kämpfe an Gesundheitseinrichtungen verteilt habe, seien nun aufgebraucht. Weil immer noch gekämpft werde, sei es nicht möglich, weitere Lieferungen zu organisieren. Die Krankenhäuser in der Hauptstadt Khartum hätten nicht genügend Material zur Versorgung von Verletzten. "Es gibt verstörende Berichte über die Plünderung einiger Gesundheitseinrichtungen und die Nutzung anderer für militärische Zwecke", sagte Tedros.
Krankenhäuser geschlossen
In Nord-Darfur mussten laut der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen alle Krankenhäuser schließen, entweder weil sie sich in der Nähe der Kämpfe befinden oder das Personal wegen der Gewalt nicht in die Einrichtungen gelangen kann. Patienten hätten daher nicht für weitere Behandlungen überwiesen werden können. "Unter anderem deshalb sind allein in den ersten 48 Stunden des Konflikts elf Menschen an ihren Verletzungen gestorben", so Cyrus Paye, der Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Al-Fashir, der Hauptstadt von Nord-Darfur.
Laut Außenministerium sind derzeit rund 45 Österreicher im Sudan registriert, die meisten davon Auslandsösterreicher und deren Angehörige. Aufgrund der Kampfhandlungen hat Österreich eine Reisewarnung für den Sudan ausgesprochen. Vor allen Reisen in den Sudan wird dringend gewarnt. Das Außenministerium empfiehlt Österreichern, die sich aktuell im Sudan aufhalten, dringend an einem sicheren Ort zu bleiben und sich laufend über die aktuelle Lage zu informieren.
Diplomatenkonvoi unter Beschuss
US-Außenminister Antony Blinken hatte Dienstagfrüh erklärt, dass bei den Kämpfen ein US-Diplomatenkonvoi unter Beschuss geraten sei. Der Konvoi sei offenbar durch Kämpfer, die mit den paramilitärischen RSF in Verbindung stünden, am Montag beschossen worden, sagte der US-Außenminister. Die Menschen in dem Konvoi seien in Sicherheit. Zuvor war am Montag bereits der Botschafter der EU in seiner Residenz angegriffen worden. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borell verurteilte den Vorfall als einen groben Verstoß gegen das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen. Die Sicherheit der diplomatischen Einrichtungen und des Personals sei eine Hauptverantwortung der sudanesischen Behörden und eine Verpflichtung nach internationalem Recht, erklärte er auf Twitter.
(APA/Reuters)