Austria for Life

Ein Kulturgut auf vier Beinen

Max Dobretsberger und Alexandra Reinprecht mit ihrem Lipizzaner Maestoso Mintas.
Max Dobretsberger und Alexandra Reinprecht mit ihrem Lipizzaner Maestoso Mintas.Inés Bacher
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Max Dobretsberger ist Chef des Lipizzaner-Weltverbands. Für die Gala am Samstag bringt er Pferde aus fünf Nationen nach Schönbrunn.

Manchmal kommt eine Sopranistin wie gerufen. Etwa, wenn man ein Pferd fürs Foto braucht und Alexandra Reinprecht mit ihrem schwarzen Lipizzaner vor dem Schloss Schönbrunn gerade auf ihren Probedurchgang wartet.

Maestoso Mintas soll ein paar Mal über die doch sehr schwingende Pionierbrücke des Bundesheers marschieren. „Ich hoffe, dass ich endlich Musik bekomme, Oida!“, ruft Reinprecht in Richtung Technik und klingt so gar nicht (oder doch?) wie die Kaiserin Maria Theresia, die sie am Samstag bei der Austria-for-Life-Gala im Damensattel geben wird.

Wird man sich als Zuseher überhaupt vorstellen können, was da an Aufwand dahintersteckt? „Wenn man nicht in der Szene drinnen ist – schwer“, sagt Max Dobretsberger. Der Veterinär und Präsident der Welt-Lipizzaner-Zucht hat für das Spenden-Geschichte-Spektakel die Zügel (in Fahrsprache: die Leinen) in der Hand. Immerhin: Als ehemaliger Gestütsleiter von Piber hat Dobretsberger schon eine Fahrweltmeisterschaft ausgerichtet, „daher kenne ich so ein Chaos und kann ein bissl damit umgehen“.

Organisator Gery Keszler kennt er noch vom Life Ball, auch da war Dobretsberger schon mit Lipizzanern vertreten, er fuhr damals eine „Todeskutsche“, seine Tochter ritt als Engel. Nun habe er „leichtsinnigerweise wieder zugesagt“, scherzt er. „Jetzt bin ich ganz schön beschäftigt.“

Pferde aus den Hofgestüten

Für die Gala hat Dobretsberger ein Großaufgebot an historischen Kutschen und alten Pferderassen organisiert. Die Kutschen kommen aus den Kutschenmuseen in Laa/Thaya und Keszthely, aus Piber und aus dem ungarischen Lipizzaner-Staatsgestüt Szilvásvárad und stammen aus der Zeit Maria Theresias bis zum Ende der Monarchie. „Das ist gar nicht so einfach, dass man die kriegt, weil das natürlich Schätze sind.“

Die angereisten Pferde wiederum stammen u. a. aus den ehemaligen Hofgestüten der Habsburger, Lipica in Slowenien und Kladruby in Tschechien. Die (eigens nachgebaute) Krönungskutsche könne nur mit Kladrubern gefahren werden; zwei der sechs Hengste werden dabei geritten, „weil auf der Kaiserkutsche keine fremde Person sitzen darf“. Kladruber, die etwa am dänischen und norwegischen Königshof verwendet werden, sind selten, sie werden fast nur in Kladruby selbst gezüchtet. „Wir reden da von tausend Zuchttieren, bei den Lipizzanern haben wir 25.000. Da sind wir genetisch viel besser aufgestellt. Es gibt mehrere Gestüte und mehr private Züchter, vor allem in den USA.“

Für die Lipizzaner bedeutet das Sicherheit. „Wenn man bei einem Gestüt ein Problem hat, kann man von einem anderen Kontinent Hilfe holen.“ Auch wenn man heute wisse, „dass wir viel an Genetik schon verloren haben“. Pferdezucht sei immer auch eine Modeerscheinung gewesen. „Wenn Napoleon auf einem Araber nach Moskau geritten ist, war der Araber der Held. Wenn Kaiserin Sisi mit dem englischen Vollblut tolle Jagden ritt, war das englische Vollblut zu favorisieren.“ Aber auch Kriege haben den Pferden zu schaffen gemacht, so seien die Lipizzaner „dreimal vor Napoleon aus Lipica in den Osten geflohen“. Am Hof wurden die Lipizzaner für die leichteren Einsätze verwendet. „Wenn der Kaiser spazieren gefahren ist, hat er die kleinen Schimmel genommen.“

Daneben haben Maria Theresia und Joseph II. auch große Militärgestüte gegründet, „Maria Theresia musste sich ja gegen Preußen, Frankreich oder Bayern wehren“. Auch das ungarische Nonius-Gestüt Mezöhegyes hat daher fünf Pferde geschickt. Dazu kommen Tiere, darunter schwere Noriker, aus privater Hand. „Alle sind stolz, im berühmten Schloss Schönbrunn ihre Pferde vorzustellen, wir haben auch schon richtig schöne Bilder.“

Säulen der Zucht, sagt Dobretsberger, seien jedenfalls immer die Staatsgestüte, „und die haben das Problem, sie kosten Geld“. Auch in der Diskussion um die Spanische Hofreitschule geht es letztlich um Kosten für Piber. Dazu komme, „dass die Gestütsleitung aus politischen Gründen oft wechselt und Manager kommen, die einsparen müssen. Wenn man die Gestüte nicht als Kulturgut erkennt, haben sie in Wahrheit keine Chance.“ Dabei, sagt Dobretsberger, seien Touristen angesichts der sechsspännigen Krönungskutsche „fast ausgeflippt“. Eine Karte, die man besser ausspielen könnte. „Da wäre auch Geld zu verdienen.“

AUF EINEN BLICK

Austria for Life findet heute, Samstag, vor Schloss Schönbrunn statt und wird ab 20.15 Uhr auf ORF1 übertragen. Die Show führt durch Österreichs Geschichte auf dem Weg zur Demokratie. Mehr als 150 KünstlerInnen sind beteiligt, darunter Anna Netrebko, Günther Groissböck, das Janoska Ensemble, Karl Markovics, Max Simonischek, Cornelius Obonya, Wanda, Ina Regen, Marco Pogo, Yasmo, Georgij Makazaria, Teya & Salena. Die Einnahmen kommen über „Österreich hilft Österreich“ Kindern und Jugendlichen zugute. Restkarten: www.oeticket.com.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2023)

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