Die Richtervereinigung hat eine Jus-Professorin wegen ihrer Kritik am Tierschützer-Prozess angezeigt, nun sieht sie sich ihrerseits mit einer Anzeige konfrontiert. Es geht um verbotene Einflussnahme.
Der Streit um die Prozessführung im Tierschützerverfahren in Wiener Neustadt ist um eine Episode reicher: Nachdem die Richtervereinigung die Linzer Jus-Professorin Petra Velten wegen ihrer Kritik angezeigt hat, haben nun die Tierschützer ihrerseits die Richtervereinigung bei der Staatsanwaltschaft Graz angezeigt.
Die Vorwürfe gegen die Richtervereinigung, ihren Präsidenten Werner Zinkl und Vizepräsidenten Manfred Herrnhofer sind dieselben, die diese gegen Velten erhoben haben: Verleumdung, üble Nachrede und verbotene Einflussnahme auf ein Strafverfahren. "Auch ein laufendes Verfahren, wenn es eben aus dem Ruder läuft, muss kritisierbar sein. Die Richtervereinigung hat hier in das Verfahren durch eine Anzeige eingegriffen, um diese Kritik zu verhindern", so Martin Balluch, Angeklagter und Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT).
Dass die Richtervereinigung versucht hatte, die von Velten geübte Kritik zu verhindern, sieht der VGT als verbotene Einflussnahme auf einen laufenden Prozess, die Vorwürfe gegen Velten als Verleumdung und üble Nachrede. Als Opfer dieser Straftaten wurden neben Velten auch die angeklagten TierschützerInnen angeführt. Einen Privatbeteiligtenanschluss wegen zivilrechtlicher Ansprüche behält sich der VGT vor.
Aussprache bei Heinz Fischer
Indes haben sich Velten und Zinkl zu einer Aussprache im Amt von Bundespräsident Heinz Fischer getroffen, teilte das Büro der Hofburg mit. Im "konstruktiven" Gespräch habe man sich auf eine Verbesserung des Dialogs zwischen Richtern und Wissenschaft geeinigt. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt will übrigens nicht gegen Professorin Velten ermitteln. "Wir haben keinen Grund zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gefunden", sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Gabriele Lutschounig, am Mittwoch. Dieser Schritt wurde laut Hofburg sowohl von Velten als auch von Zinkl begrüßt.
Die Leiterin des Instituts für Strafrechtswesen an der Linzer Johannes-Kepler-Universität hatte scharfe Kritik am Wiener Neustädter Tierschützer-Prozess und vor allem an der Verhandlungsführung von Richterin Sonja Arleth geübt. Velten war als Zuhörerin bei der Verhandlung anwesend und hatte dabei den Eindruck der Voreingenommenheit der Richterin gewonnen. "Dass die Angeklagten hier einen fairen Prozess erhalten, kann man kaum mehr glauben", stellte Velten fest. Arleth "verfahre" mit den Angeklagten und ihren Verteidigern, als wären diese "Saboteure".
Seit 2. März vergangenen Jahres müssen sich am Landesgericht Wiener Neustadt 13 Tierschützer wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation nach Paragraf 278a verantworten. Sieben der Angeklagten werden weitere Delikte (Sachbeschädigung, Nötigung und Tierquälerei) vorgeworfen.
(Red.)