Der sprachliche Gutachter hat Bekennerschreiben dem Erstangeklagten Martin Balluch zugeordnet und ihn damit schwer belastet. Zwei andere Gutachter und mehrere Zeugen widersprechen ihm.
Der Tierschützer-Prozess ist wieder um einen Nebenschauplatz reicher: Das sprachliche Gutachten des Linguisten Wolfgang Schweiger, das den Erstangeklagten schwer belastet, hat dem Experten nun eine Anzeige nach Paragraf 288 StGB - das wissentliche Erstellen eines falschen Gutachtens - eingebracht. Morgen, Mittwoch, soll der Gutachter erneut vor Gericht aussagen, gleichzeitig sollen drei Zeugen befragt werden, die ihm dezidiert widersprechen.
Schon vor Monaten hatten zwei Privatgutachten des deutschen Kriminologen Raimund Drommel und des Innsbrucker Universitätsprofessor Manfred Kienpointner Schweigers Expertise widersprochen. Sie wurden von der Richterin nicht anerkannt, Schweiger wurde aber aufgefordert, deren Erkenntnisse in einem Ergänzungsgutachten einzubeziehen. Der Sachverständige werde seine ursprünglichen Schlüsse aber aufrechterhalten und bekräftigen, kündigte Martin Balluch, Präsident des Vereins gegen Tierfabriken (VgT) und Erstangeklagter im Tierschützer-Prozess, bei einer Pressekonferenz in Wien an. Auch die angefügte Expertise wurde von den Privatgutachtern bereits stark kritisiert: Die Methodik Schweigers sei sprachwissenschaftlich nicht nachvollziehbar und für die forensisch-linguistische Beweisführung nicht geeignet.
Drei Zeugen widersprechen Gutachter
Zudem sollen die drei Zeugen belegen, dass dem Erstbeschuldigten "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" zugeordnete Texte in Wahrheit von ihnen stammen. Geladen wurden zwei Redakteure der Zeitschrift "TaTblatt" und Forschungsassistent Erwin Lengauer von der Universität Wien - ein, wie er bei der Pressekonferenz sagte, Mitbegründer des Fadinger-Forums. Sie sollen zu einem in der "Presse" veröffentlichten Leserbrief und einen Artikel über einen Brandanschlag auf den Zirkus Knie im "TaTblatt" aussagen.
Auch ein Bekennerschreiben zu einer Nerzbefreiung im Jahr 1997, das Balluch verfasst haben soll, dürfte eigentlich von seinem Vorvorgänger als VgT-Obmann stammen. Fünf Sechstel des Textes würden aus einem Flugblatt und einem Brief an die NÖ Landesregierung stammen, die beide nachweislich von jenem geschrieben wurden, sagte Erstangeklagte. In dem Text fand Schweiger "den ärgsten linguistischen Fingerabdruck, den ich in meinem Leben jemals irgendwo gefunden habe".
Eine Million Euro für Verteidigung
Das Verfahren gegen die Aktivisten läuft seit 2. März 2010. Allein die Verteidigerkosten für die Hauptverhandlung belaufen sich nach Schätzungen eines Anwalts mittlerweile auf über eine Mio. Euro. Das linguistische Gutachten Schweigers schlug sich mit rund 40.000 Euro zu Buche. Die privaten Expertisen kosteten laut Balluch 2900 bzw. 1500 Euro.
(APA)